Pianist Brad Mehldau vertont mit dem New Yorker Kammerensemble die Pandemie in schwermütiger Art
Was hat dieser Mann eigentlich noch nicht vollbracht? Er spielte solo, im Duett, im Trio, mit Big Bands. Jazz, Pop, Klassik. Und er gewann Preise en masse. Eben weil er mit dieser Experimentierfreude immer wieder großartige und vor allem neue Musik hervorgebracht hat. Mit 50 Jahren zählt Brad Mehldau zu den besten Pianisten seiner Zeit. Jetzt veröffentlicht der Amerikaner ein Album an der Schnittstelle von Jazz und Klassik. Gemeinsam mit dem Orpheus Chambers Orchestra, das in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert.
Coronabedingte Schwermut
„Variations On A Melancholy Theme“ ist die Vertonung einer coronabedingten Schwermut. Während das letztjährige Lockdown-Soloalbum „Suite: April 2020“ auch Momente der inneren Einkehr und der Erleichterung zeigte, dem Lockdown also auch positive Seiten abringen konnte, ist diese Musik eher niedergeschlagen. Ihr wohnt eine Schwere inne, die alle Belastung, Resignation und drohende Ausweglosigkeit zum Ausdruck bringt. Dies gelingt auch deshalb so gut, weil das Zusammenspiel von Mehldau und Orchester wie aus einem Guss ist. „The theme itself has a wistful character, perhaps a feeling of resignation. There is some sense of finality and ending to it when heard for the first time already. So as I composed, a narrative challenge emerged; namely, how to embark on a story that begins with a conclusion. While the theme evokes melancholy, I let it be used as a springboard for other happy, wild, violent, and reckless emotions as the variations progress“, erklärt Brad Mehldau selbst den Zugang zu dieser Arbeit.
Die Vertrautheit zwischen Brad Mehldau und dem Orpheus Chambers Orchestra
Das New Yorker Kammerensemble, das bekannt dafür ist, ohne Dirigenten zu arbeiten, hat die elf Variationen des Themas sowie einer kurzen „Cadenza“ und einer langen „Postlude“ üppig orchestriert. Mehldaus gewohnt sensibles Spiel kommt vor dieser mitunter wuchtigen Kulisse wie eine Erlösung daher. Es ist nicht das erste Mal, das Mehldau und das Orpheus Chambers Orchestra gemeinsame Sache machen. Schon vor rund zehn Jahren tourten sie zusammen. Auch diese Vertrautheit ist der Musik anzuhören. Leichte Kost ist dieses Einspielung nicht. Aber das kann bei diesem Thema auch nicht die Erwartungshaltung sein. Besser vertont habe ich die Pandemie und ihre Begleitumstände aber noch nicht gehört.
„Variations On A Melancholy Theme“ von Brad Mehldau und Orpheus Chamer Orchestra erscheint am 11.06.2021 bei Nonesuch. (Beitragsbild: Albumcover)
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