Props an Body Count für das Lebenswerk sowie dieses Album
Wenn irgend eine Welle, die vor gefühlten Äonen so mächtig wie eindrucksvoll begann, nach Jahren voller schwachbrüstiger Epigonen einfach nur noch nervt und durch ist, dann ist das der sogenannte Crossover der späten Achtziger, frühen Neunziger Jahre. Also der, den man auch Funk Metal nannte. RUN DMC mit Aerosmith, klar; Living Colour, Suicidal Tendencies, der „Judgement Night“-Soundtrack…geiler Scheiß, fürwahr. Aber dann: H-Blockx, Guano Apes, Clawfinger sowie etliche andere….danke, reicht.
Der Weg vom musikalischen wie tagespolitischen Knaller zur gestrigen Belanglosigkeit wird besonders deutlich in der Diskografie von Body Count, der seit 1992 veröffentlichenden Formation um den Westküsten „O.G.“ Ice-T, in der der Rapper seine Metal- wie Punkvorlieben auslebt. Mit „Cop Killer“ verarbeitete er die Polizeigewalt, die kurz darauf durch den Fall Rodney King und den Freispruch der prügelnden Beamten in die Riots von 1992 mündete und wurde zum Beweis dafür, wie gefährlich Rock’n’Roll mitunter sein kann. Selbstzitate sowie schlaffe Songs folgten anschließend, Body Count waren nur noch was für ihre Fans. Und die wurden immer weniger.
Body Count und der Blick zurück
Seit 2014 veröffentlichen Body Count, in deren Besetzung Metal-Größen aus der zweiten Reihe von Kultbands wie Agent Steel, Abattoir oder Steel Prophet zocken, wieder Alben mit griffigen Songs zwischen Neunziger-Thrash-Metal und Hardcore – veredelt mit Gästen wie Dave Mustaine von Megadeth (auf „Bloodlust“, 2017) oder, im aktuellen Fall, Jamey Jasta von Hatebreed, Riley Gale von Power Trip sowie Dave Lombardo von Slayer. Das macht Laune und klingt nach dem Album, das man von Sepultura gerne mal wieder hören würde. Nicht ohne den Blick zurück – sei es auf das eigene Schaffen (mit einer Neu-Einspielung des Rap-Klassikers „Colors“, dem Titelsong des gleichnamigen Films von Dennis Hopper, 1988), einer Hommage an Lemmy Kilmister mit dem Cover des Motörhead-Klassikers „Ace Of Spades“ sowie einer Live-Version von „No Lives Matter“ – dem bisher letzten Versuch Body Counts, einen kontroversen Beitrag zur Tagespolitik zu leisten.
Ein gut hörbares Werk
Das seit Jahren vom Debütalbum entfernte „Cop Killer“ bleibt dabei erwartungsgemäß unerreicht. Eine Überraschung auf diesem insgesamt für Genrefreunde durchaus gut hörbarem Werk bietet jedoch der Song „When I’m Gone“ mit Amy Lee von Evanescence: inspiriert vom Tod des erst 33-jährigen Rappers Nipsey Hussle reflektiert Ice hier über Wertschätzung und Respekt sowie über den richtigen Zeitpunkt, diesen zum Ausdruck zu bringen. Sehr gerne setzen wir das in diesem Text um: Props an Ice-T und seine Gang für ihr Lebenswerk. Und ja, auch für dieses Album. Sollte mit dem bereits bestätigten Comeback von Rage Against The Machine das ganze Genre vielleicht wieder einen Schub bekommen? Gerne. Aber hoffentlich verrät das niemand den H-Blockx…..
„Carnivore“ von Body Count erscheint am 06.03.2020 bei Century Media. (Beitragsbild von Dirk Behlau)