Bob Dylan: The Bootleg Series Vol. 11 – The Basement Tapes – Album Review

Bob Dylan und The Band erfinden Americana und den Alternative Country

von Gérard Otremba

Als The Basement Tapes dann 1975 doch noch als Doppel-Album erschienen, waren einige Tracks dieser legendären Sessions aus dem Jahre 1967 durch andere Interpreten längst zu veritablen Hits verarbeitet worden. Nicht zuletzt durch The Band selbst, die für ihr Album Music From Big Pink mit „Tears Of Rage“, „I Shall Be Released“ und „This Wheel’s On Fire“ drei Basement-Songs aufnahmen. Letzterer durch Julie Driscoll und The Brian Auger Trinity in die Charts gehievt. Mit „The Mighty Quinn (Quinn The Eskimo)“ hatte Manfred Mann einen Riesen-Hit und The Byrds freuten sich über den Erfolg ihrer Version von „You Ain’t Go Nowhere“, nur um die bekanntesten Cover aufzuzählen. Für Bob Dylan waren die Tapes, die im Keller des von The Band bewohnten, pink angestrichenen Hauses in der Nähe von Woodstock entstanden, als lockere Jam-Sessions für Demos gedacht, fernab allen Starrummels, dem er sich kurz vorher nach seinem Motorradunfall entzog. Eine musikalische Zwischenetappe, bevor Dylan mit John Wesley Harding im Psychedelic-Hippie-Kosmos gegen den Strom schwamm. Dass er mit Robbie Robertson, Richard Manuel, Garth Hudson, Rick Danko und Levon Holm, die Bob Dylan auf seiner elektrischen Tour 1965/66 als The Hawks begleiteten, mit diesem exzellenten wie wilden Gebräu aus Folk, Country, R&B, Blues, Soul und Rock’n’Roll nebenbei den heute sogenannten Alternative Country und mit Americana ein neue Genres erfand, ahnte Dylan damals sicher nicht.

Die Neu-Ausgabe der Basement Tapes als musikalische Offenbarung

basement tapesFür die grandiosen Bootleg Series liegen die Basement Tapes nun in zwei verschiedenen Formaten vor. Auf der 2-CD-Edition versammeln sich die Highlights, insgesamt 38 restaurierte Aufnahmen ohne Overdubs, teils unveröffentlichte, teils alternative Tracks, die klangtechnisch und musikalisch wie schon die von Another Self Portrait schlicht als Offenbarung zu bezeichnen sind. Der herausragende Song der Basement Tapes ist zweifellos „I’m Not There“. Zwar für den gleichnamigen Filmsoundtrack bereits veröffentlicht, aber immer noch wenig bekannt, überstrahlt er mit Dylans schmerzlichen und angstvollen Gesang die 37 anderen herausragenden Kompositionen noch ein klein wenig. Hätte Dylan „I’m Not There“ beendet, der Song stünde gleichberechtigt neben „Desolation Row“, aber auch in der vorliegenden Einspielung eindrucksvoll genug. „I Shall Be Released“ genießt natürlich längst vollkommen zu Recht Klassiker-Status, von den bisher unveröffentlichten Stücken überzeugt die Blues-Gospel-Hymne „Sign On The Cross“, das Johnny Cash-Cover „Folsom Prison Blues“ und die damals neu eingespielte Version von „One Too Many Mornings“ am meisten. Die 6-CD-Box The Basement Tapes Complete umfasst gar 138 Tracks, einige Songs sind dann natürlich in mehreren Takes zu hören, für Hardcore-Dylanologen aber sicherlich unerlässlich. Alle anderen greifen zur Doppel-CD von The Basement Tapes, die mit einem schönen Booklet samt diverser Liner-Notes versehen, zu einer jeden vernünftigen Platten/CD-Sammlung gehört.

„The Basement Tapes“ von Bob Dylan and The Band ist in der Bootleg Series Vol. 11 am 31.10.2014 bei Columbia Records / Sony Music erschienen.

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