Blurt live im Hamburger Fundbureau

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von Gérard Otremba

Traditionell spät beginnen die Blurt-Konzerte im Hamburger Fundbureau. Der Hinweis des eigentlichen Beginns um 21.45 Uhr wird alljährlich zu Makulatur, denn vor 22.30 beginnt Blurt hier kein Konzert, das war schon letztes Jahr so, und änderte sich am 28.10.2010 nur unwesentlich. Um 22.25 Uhr betritt Ted Milton, Komponist, Saxophonist und Sänger der britischen Formation Blurt, zusammen mit Gitarrist Steve Eagles und Schlagzeuger David Aylward die Bühne des Fundbureaus, in dem der Underground noch doppelte Bedeutung genießt. In der Stresemannstraße, direkt an der Sternbrücke, beheimatet, rattern die Züge regelmäßig über die Köpfe der Besucher hinweg und geben der Örtlichkeit die gewisse Atmosphäre. Und rollt mal kein Zug, vermißt man den dynamischen Sound sofort.

Ein charismatischer Ted Milton zwischen Free-Jazz und Avantgarde-Rock

Doch gibt sich das Trio jedwede erdenkliche Mühe, die Geräuschkulisse vergessen zu machen. Zu Beginn des Auftritts stehen neuere Stücke wie „The Bells“, „Block“ und „Cut It“ im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens. Es ist schon eine grotesk krude Mischung aus Free-Jazz, Ted Milton entlockt seinem Saxophon die herrlich schrägsten Töne, Avantgarde-Rock und Jazz-Punk, wie Milton einst den Musikstil seiner Band selbst beschrieb. So abgefahren die Blurt-Songs auch sind, so charismatisch gibt sich der 1943 geborene Ted Milton. Immer noch mit Iro-Schnitt und Anzug auftretend, zwischendurch kurze fiese „He,He“-Lacher von sich gebend, knurrt, bellt und raunzt Milton seine wenigen dadaistisch gefärbten Texte ins Mikrophon. Die Spur Extravaganz steht ihm sehr gut.

Jazz-Rock für die eingeschworene Fangemeinde

Und immer wieder dieses nicht zu fassende Saxophon-Spiel. Selten harmonisch und melodiös, meist freischwebend, zerrissen und progressiv. Das Rhythmusduo Eagles und Aylward passt sich diesem Bastard-Jazz perfekt an und darf bei älteren Stücken schwer aufs Gaspedal treten. Der alte Klassiker „The Fish Needs A Bike“ ist nichts anderes als geiler, krawalliger Abgehrock, „On The Stage“ dreckiger Bluesrock und „Now There`s A Thing“ fetziger Rock`n`Roll. Bei „Enemy Ears“ besticht Steve Eagles mit einem superben Duane Eddy-Gitarrenpart und die Extended-Live-Version von „Violin Shirbet“ entpuppt sich als exzessiver Punk`n`Roll. Dominiert natürlich immer von Ted Milton`s Improvisationen am Saxophon. Die gut 60 erschienen Besucher bereuten ihr Kommen nicht und hatten sichtlich viel Spaß an der Aufführung. Es ist eine kleine, aber eingeschworene Fangemeinde, die größer sicherlich nicht werden wird. Keine Massen taugliche Radiomusik, zu verschroben und gewöhnungsbedürftig für die Ohren des täglichen Bedarfs. Aber gut, dass es diese Nischen gibt. Und alle, die das leicht Schräge in der Rockmusik vermissen oder suchen, sollten unbedingt Ted Milton und und seine Band Blurt ausprobieren.

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