Blood Red Shoes: Ghosts On Tape – Albumreview

Blood Red Shoes Pressefoto 2022 Ghosts On Tape

Das britische Alternative-Rock-Duo Blood Red Shoes erweitert auf seinem neuen Album „Ghosts On Tape“ sein Klangspektrum

Props an alle Zwei-Mensch-Bands, die Radau machen wie ein halbes Tanzorchester. Das mal vorab. Relativ wenige sind namentlich im Bewusstsein der Nebenbei-Musik-Konsumenten, bis auf diese eine, deren Namen hier nicht erwähnt werden wird und deren Weisen sogar als Hymnen im Stadion gebrüllt werden. Erstens, weil die ganz anders klingen als die Blood Red Shoes, um die es hier ja geht. Zweitens, weil Laura-Mary Carter, die eine Hälfte des Duos aus Brighton, zurecht von solchen Vergleichen genervt ist (siehe Interview bei laut.de) und diesen anderen Namen in dieser Rezension nicht lesen soll, so sie sie denn je zu Gesicht bekommen sollte.

Blood Red Shoes: Eine fette Band

Blood Red Shoes Ghosts On Tape Cover Velveteen Records

Zwei-Mensch-Bands verzichten meist auf irgend ein Instrument, welches Formationen mit mehr Musizierenden in petto haben – oft ist es der Bass, manchmal gar die Gitarre. Hier nicht, die Gitarrensalven von Carter klingen nach fetter Band, der Wumms ihres musikalischen Partners Steven Ansell nicht minder – das haben sie mit einigen ihrer ganz anders klingenden Duo-Kolleg:Innen gemein. Und doch: „Weniger ist mehr“ erklärt die Klangfülle der Blood Red Shoes nicht wirklich, auch nicht die gelegentlich im Studio oder auf der Bühne mit-operierenden Gäste. Ansell, der vor dieser lausigen Pandemiezeit unter anderem die weit elektronischer klingende Circe produzierte, verwirklicht auf „Ghost On Tape“ solch Vorlieben mehr als je zuvor im Werk der „Schuhe“ – von der 2021 erschienenden EP „Ø“ einmal abgesehen, die eigentlich erst nach den Songs des nun erscheinenden, sechsten Longplayers entstanden ist.

True Crime

Trotzdem bleibt der heftige wie tanzbare, stark punkbeeinflusste Alternative-Rock bei seinen Wurzeln, etwas weniger leichtfüßig als in der Vergangenheit vielleicht. Was durchaus an der Wahl des Themenkomplexes liegen könnte, an denen sich die beiden in diesem Fall abarbeiten: „True Crime“. Was ganze Fernsehkanäle füllt sowie (mehr oder weniger) literarisch wertig die Bestsellerlisten dominiert, lässt anscheinend auch die blutigen Schuhe nicht kalt. Vollendet bereits zu Pandemie-Beginn im März 2020, bietet „Ghosts On Tape“ 13 Stücke über Menschen, die andere Menschen fertigzumachen trachten und damit, laut Promozettel, „an der Spitze des Außenseitertums“ stehen, zu dem sich das Duo ebenso zählt.

Erweiterter Klangkosmos

Diverse sehr fragwürdige Thesen stehen in solch einer Aussage – das Außenseitertum mag man den Blood Red Shoes jedoch keinesfalls absprechen, die sich mit ihrem Sound von den meisten Bands, mit denen sie in der Vergangenheit tourten, zweifelsfrei abgrenzen. Das war in der Vergangenheit so und wird gegenwärtig nicht von der Tatsache verändert, dass die Hinzunahme elektronischer Sounds ihren Klangkosmos erweitert. Dabei schaffen sie das Kunststück, ihre Gitarren- sowie Vocalparts streckenweise noch heftiger auf den Punkt zu bringen als es bei älteren Aufnahmen oft der Fall war, wie man es besonders eindrucksvoll beim Opener „Comply“ (erinnert mit seiner Leidenschaft und Theatralik wohlig an die Afghan Whigs) oder bei „I Am Not You“ erleben darf.

Die Spannung steigt bei den Blood Red Shoes

Kleine, stimmungsvolle Intermezzi steigern zwischendrin den Spannungsbogen, Bedrohungen sind konstant spürbar. Trotz sphärischer Sounds sind Blood Red Shoes anno 2022 (bzw. 2020) mehr Punk, mehr Angepisst und damit mehr Geil als zuvor, was „Ghosts On Tape“ demzufolge zu einer empfehlenswerten Scheibe macht. Auf die Live-Umsetzung durfte man gespannt sein, doch un-überraschenderweise wurde die Frühjahrstour inzwischen gecancelt. Vielleicht lässt sich der Frust darüber ja wenigstens in weitere Highlights in der Art dieser letzten beiden Veröffentlichungen des Duos verwandeln.

„Ghosts On Tapes“ von Blood Red Shoes erscheint am 14.01.2022 bei Velveteen Records / Jazz Life / Rough Trade. (Beitragsbild: Pressefoto)

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