Billy Strings: Renewal – Albumreview

Billy Strings by Jesse Faatz

Leadership im modernen Bluegrass-Country-Folk-Rock: Neues Album „Renewal“ von Billy Strings

Bluegrass ist ein dem Country und Folk verwandtes Genre, das außerhalb der USA relativ wenig Beachtung findet. Das ist schade – Live-Aufnahmen von Koryphäen dieser Zunft wie Bill Monroe oder Béla Fleck gehen fingerpicking-technisch häufig so rasant in die Vollen, dass selbst Speed Metal-Fans ihre Freude daran haben müssten. Billy Strings (der Name ist – wen wundert’s – ein Künstlername) ist noch keine 30 Jahre alt, klingt aber stimmlich und spieltechnisch wie ein Alter. Aufgewachsen mit den Klängen der großen Meister, die sein ebenfalls spielender Stiefvater liebte, kennt Strings die Tradition – als Kind der musikalisch offenen Neunziger pflegt er jedoch ebenso seine Vorlieben für andere Sounds.

Abechslungsreiche 16 Songs

Billy Strings Renewal Cover Rounder Records

Seine Kollaborationen zeugen davon: Neben einer Aufnahme mit dem Altmeister Del McCoury persönlich erschienen von ihm in diesem Jahr bereits Singles mit Fences, Luke Combs  oder dem Rapper RMR. Keine dieser Veröffentlichungen findet sich auf “Renewal“. Dafür 16 neue Songs, mit einer Gesamtspielzeit von mehr als einer Stunde. Da musste wohl so einiges raus. Diese 16 Stücke sind überaus abwechslungsreich, klingen mal nach Country-Charts („Hellbender“), mal nach wildem Saitenwettkampf im verrauchten Honky-Tonk („Red Daisy“); mal nach melancholischem Indie-Songwriting („Nothing’s Working“), mal nach modernisiertem Western-Folk („Ice Bridges“)

Naturgemäß zündet bei dieser Menge nicht jedes Stück gleichermaßen. Einen gänsehauterzeugenden Track wie den Antikriegs-Song „Wargasm“ mit RMR findet man nicht gleich beim ersten Durchhören, wobei der fast zehn Minuten dauernde Longtrack „Hide And Seek“ oder „Heartbeat Of America“ neben einigen anderen durchaus das Zeug dazu haben, auf Dauer ebenso zu überzeugen.

Billy Strings bleibt dem Hurra-Patriotismus fern

Jonathan Wilson produzierte das Werk und spielt mit (u.a. Cembalo und Percussion), darüber hinaus überzeugt der Americana/Jazz-Violinist John Mailander (seit einiger Zeit Mitglied bei Bruce Hornsbys Band) neben Billy Failing (Banjo), Royal Masat (Bass), Jarrod Walker (Mandoline, Gitarre), Spencer Collum (Pedal Steel) sowie Grant Milliken (Synthies). Lyrisch bleibt Strings auf dem gesamten Album wortreich nebulös, von jedwedem Hurra-Patriotismus bleibt er stetig weit entfernt. Nachdenklichkeiten aus der Sicht der weniger oder Nicht-mehr-so Privilegierten dominieren seine Zeilen, wobei das Album-Outro „Leaders“ mit den Zeilen „We’re not the leaders anymore, all our believers washed ashore“ einen ein wenig am Kopf kratzen lässt, auch wegen der weinerlichen Instrumentierung dabei. Na und? Gibt gegenwärtig Schlimmeres zu beklagen. Leadership im modernen Bluegrass/Country/Rock wie Strings erlangt zu haben ist doch auch eine feine Sache.

„Renewal“ von Billy Strings erscheint am 24.09.2021 bei Rounder Records / Concord / Universal Music. (Beitragsbild von Jesse Faatz)

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