Ein Singer-Songwriter verzichtet auf eigene Texte und vertont einen bekannten Dichter. Im Falle von Bill Pritchard und Patrick Woodcock hat diese Zusammenarbeit funktioniert.
von Werner Herpell
Er wird des öfteren mit Gitarrenpop-Leuchttürmen wie Lloyd Cole, Roddy Frame oder Ian Broudie verglichen, dieser Bill Pritchard, einer der zu Unrecht eher unbekannten englischen Singer-Songwriter. Oder müsste man nicht vielmehr sagen, dass der 59-Jährige aus Newcastle-under-Lyme/Staffordshire ausgerechnet in der britischen Heimat eher unbekannt ist?
Big in France
Denn in Frankreich und
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Belgien hat Pritchard durch die Zusammenarbeit mit Étienne Daho, Francoise Hardy, Daniel Darc und Frédéric Lo in den vergangenen drei Dekaden durchaus Prominenz erlangt – auch weil er aus seiner grundsätzlichen Begeisterung für die französischsprachige Kultur nie ein Geheimnis machte. Auf seinem neuen Album, dem bereits fünften seit dem gefeierten Comeback „A Trip To The Coast“ (2014) auf Tapete, traut sich Pritchard nun an ein neues Projekt heran, das mit der frankophilen Ausrichtung früherer Werke wie „By Paris, By Taxi, By Accident“ (2005) nicht mehr viel zu tun hat.
„Sings Poems By Patrick Woodcock“ macht schon im Albumtitel klar, worum es geht: um eine Zusammenarbeit mit dem renommierten kanadischen Poeten Patrick Woodcock, dessen Bücher in 14 Sprachen übersetzt wurden. Dieser Dichter sei „schon seit drei Jahrzehnten ein Fan von Bill Pritchard“, weiß sein Hamburger Label zu berichten – also fast so lang wie die Singer-Songwriter-Karriere des Briten dauert. Während des Corona-Lockdowns nahm Woodcock also Kontakt zu Pritchard auf und fragte ihn, ob er eines seiner Gedichte in einen Song verwandeln wolle.
Bill Pritchard mit bewährter Sensibilität
Daraus wurden am Ende elf Lieder nach Poemen aus dem Anfang September 2023 erscheinenden zehnten Woodcock-Band „Farhang Book I“ , die es auf dieses schöne Indie-Gitarrenpop-Album geschafft haben. Pritchard bringt hier seine bewährte Singer-Songwriter-Sensibilität in teils spröden, teils geschmeidigen Melodien ein und lässt Woodcock im Closer „Balcony“ zur Musik einen Text vorlesen.
So ist diese Platte wohl nichts zum oberflächlichen Nebenbei-Konsumieren, sondern eine ambitionierte Kooperation zweier kluger, sich gegenseitig schätzender Künstler für konzentrierte Zuhörer. Ein Album, das Bill Pritchard nicht aus seiner kleinen, feinen Indiepop-Nische herausholen dürfte, dieses hochwertige Gesamtwerk aber stimmig ergänzt.
„Sings Poems By Patrick Woodcock“ von Bill Pritchard erscheint am 05.05.2023 bei Tapete Records. (Beitragsbild von Luke Hodgkins)