Bilderbuch: Gelb ist das Feld – Albumreview

Bilderbuch credit Hendrik Schneider

Frei von Provokation geben sich Bilderbuch auf ihrem neuen Album „Gelb ist das Feld“ echten Gefühlen hin

An Lässigkeit waren Bilderbuch in den Jahren 2015 bis 2019 kaum zu überbieten. Von „Schick Schock“ bis „Vernissage My Heart“ lieferten Sänger Maurice Ernst und seine Begleiter größenwanhnsinnigen Pop mit Eigensinn und obszöner Coolness. Ein einziges Augenzwinkern in ganz dicker Hose. Auf dem neuen „Gelb ist das Feld“ ist davon nur noch in Ansätzen etwas zu merken. Was nicht heißt, dass das Album schlecht ist.

Bilderbuch tauschen Coolness gegen echte Gefühle

Bilderbuch Gelb ist das Feld Cover Maschin Records

„Gelb ist das Feld“ ist eine Ansammlung von Liebesliedern. Es geht um große Gefühle, um Euphorie, um den Trost der Zweisamkeit nach mehr als zwei Jahren Zwangsisolation. Das Album startet mit mit einem 80-sekündigem Intro. Die Band nimmt Anlauf, sortiert sich und landet im leichtfüßigen „Bergauf“. Über Akustikgitarre und am Softrock der 70er-Jahre geschultem Sound singt Ernst die Zeilen „Kaltes Wasser, Himmel blau, Wir gehen bergauf, wir gehen bergauf, Da ist ein Baum, da ist ein Strauch, I eat that fruit, I drink that juice, Alles wie es sein soll, weil alles ist, Nichts ist falsch, Und alles ist wahr, lalalala, Liebe ist just Fiction, nur Fantasie, We must believe, We must believe“. Text wie Musik sind auf Versöhnung eingestellt. Das gilt auch für die folgenden Stücke. „For Rent“, „Dates“ und „Nahuel Huapi“ sind so geradeaus und frei von Provokation, dass man sie fast nicht mit den Vorgängeralben in Zusammenhang bringen kann.

Die kleinen Soundverliebtheiten

Hinzu kommt, dass Stimmung, Tempo und Sound der insgesamt 14 Stücke auffällig homogen sind. Etwas aus der Reihe fallen lediglich das bekiffte „Blütenstaub“ und das verzerrtere „Zwischen deiner und meiner Welt“. Am besten ist „Baby, dass du es weißt“. Und dennoch verursacht Hördurchgang Nr. 1 durchaus Irritation. Wer dem Album weitere Durchläuft gönnt, wird aber belohnt. Denn der Reiz der neuen Bilderbuch-Musik steckt im Detail. In den kleinen Soundverliebtheiten, in der beeindruckenden Gitarrenarbeit, den liebevollen Backgroundgesängen und der vielschichtigen Produktion. Hier haben Bilderbuch eine neue Qualität erreicht, die nicht im grellen Flirt mit Soundart, sondern in einer neuen Ernsthaftigkeit besteht.

Bilderbuch gehen auf „Gelb ist das Feld“ nicht auf Nummer Sicher. Das hätte auch nicht gepasst. Sie kehren der Koka-Coolness den Rücken und offenbaren diesmal echte Gefühle. Das kommt überraschend, aber gelegen.

„Gelb ist das Feld“ von Bilderbuch erscheint am 29.04.2022 bei Maschin. (Beitragsbild von Hendrik Schneider)

Erhältlich bei unserem Partner:

Unterstützen Sie Sounds & Books

Auch hinter einem Online-Magazin steckt journalistische Arbeit. Diese bieten wir bei Sounds & Books nach wie vor kostenfrei an.
Um den Zustand zukünftig ebenfalls gewährleisten zu können, bitten wir unsere Leserinnen und Leser um finanzielle Unterstützung.

Wenn Sie unsere Artikel gerne lesen, würden wir uns über einen regelmäßigen Beitrag sehr freuen.

Spenden Sie direkt über PayPal oder via Überweisung.

Herzlichen Dank!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Kommentar schreiben