In seinem ersten Non-Fiction-Buch verrät Benedict Wells viel Privates, gibt literarische Ratschläge und schenkt den Lesern schöne Geschichten
von Gérard Otremba
Ursprünglich wollte sich Benedict Wells nach seinem letzten „Hard Land“ (2021) eine literarische Auszeit nehmen. Auf der Lese-Tour begegneten ihm jedoch viele Fragen zu seinem Schreibprozess, auf die er in einem Text auf seiner Homepage expliziter einging. Allerdings erwies sich dieses Projekt als zu groß für die eigene Website, das Interesse des Autors indes als nicht minder riesig, so dass sich daraus das erste Non-Fiction-Buch von Benedict Wells, „Die Geschichten in uns – Vom Schreiben und vom Leben“, entwickelte. Der nunmehr 40-jährige Schriftsteller hat sich bereits mit seinem 2008 bei Diogenes veröffentlichten Debütroman „Becks letzter Sommer“ in die Herzen zahlreicher Leser und Kritiker geschrieben. Sein danach erschienener, bereits mit 19 Jahren verfasster Roman „Spinner“ sowie „Fast genial“ und die von Sounds & Books rezensierten Werke „Vom Ende der Einsamkeit“, „Die Wahrheit über das Lügen“ und „Hard Land“ machten Benedict Wells zu einer Art „everybodys darling“ der zeitgenössischen deutschen Literatur.
Privates von Benedict Wells
In „Die Geschichten in uns“ verrät uns Wells viel Privates, in dem er einige sehr persönliche Anekdoten aus Kindheits- und Jugendzeiten erzählt, die Anfänge seiner Schriftstellerkarriere in Berlin reflektiert und anhand seiner eigenen Romane Einblick in die Arbeit eines Autors gibt, samt Inspirationen aus Literatur (von John Irving bis J.D. Salinger) und Musik (von Bruce Springsteen bis Bob Dylan). Seine liebevollen, aber sehr schwierigen Eltern und seine ältere Schwester gehören als wichtige Bezugspunkte zu seinem Werdegang als Schriftsteller, genauso wie seine lange Zeit in Heimen und Internaten. Ausgerechnet im Schulfach Deutsch wollte es Richtung Abitur notenmäßig nicht so richtig zünden, von seinem Weg nach Berlin ließ sich Wells dann aber doch nicht abbringen, wo in der Hauptstadt sein Durchbruch als Autor folgen sollte.
Zunächst warteten indes entbehrungsreiche Jahre mit einem Leben von der Hand in den Mund. Aber Benedict Wells, der in diesem Buch die Familienmitglieder mit Klarnamen benennt, blieb hartnäckig und gab sein Ziel nicht auf.
Ein Fundes an guten Ratschlägen
Benedict Wells erzählt sehr offen, humorvoll und bewegend aus seinem Leben. Seine Ängste, Schuldgefühlte, Depressionen und Gefühle der Einsamkeit sind bedeutende Themen, private Anekdoten koppelt er mitunter an die von ihm vorgestellten, eigenen Leitlinien des Schreibens. Viel Geduld sowie ständige Ups und Downs gehören zu seinem schriftstellerischen Leben, das von einem durchaus chaotischen Dasein mit einigen viel zu langen Manuskripten geprägt zu sein scheint. Seine Ausführungen sind erhellend, eloquent, sehr unterhaltsam und für alle Schreibanfänger und künftige Literaten ein Fundus an guten Ratschlägen. Benedict Wells vermittelt in „Die Geschichten in uns“ den Eindruck, den man von ihm bei Veranstaltungen und Lesungen bekommen hat. Den eines zurückhaltenden, überaus an seiner Umwelt interessierten und sehr sympathischen Menschen. Auf einen neuen Roman müssen wir uns wohl noch etwas gedulden, aber schöne Geschichten schenkt uns Wells auch mit diesem Buch.
Benedict Wells: „Die Geschichten in uns – Vom Schreiben und vom Leben“, Diogenes, Hardcover, 978-3-257-07314-0, 26 Euro. (Beitragsbild von Roger Eberhard)