Barbara Kingsolver: Demon Copperhead

Barbara Kingsolver Demon Copperhead Buchcover dtv

Mit „Demon Copperhead“ gelingt Pulitzer-Preisträgerin Barbara Kingsolver ein literarisches Bravourstück

von Gérard Otremba

Sie habe ihren neuen Roman an der Seite von „David Copperfield“ von Charles Dickens geschrieben, sagt Barbara Kingsolver über „Demon Copperhead“, für den sie 2023 der Pulitzer-Preis gewann. Ähnlich wie ihr britischer Kollege im berühmten Bildungsroman aus dem 19. Jahrhundert erzählt Kingsolver die Geschichte aus der Perspektive ihres Protagonisten. Die Story verlegt die amerikanische Schriftstellerin in ihre heimatlichen Gefilde der Appalachen, eine über mehrere Bundesstaaten führende Region im Nordosten der USA, deren Bewohner von anderen US-Amerikanern gerne schon mal als Hinterwäldler gebrandmarkt werden.

Der jugendliche Held

Barbara Kingsolver Demon Copperhead Buchcover dtv

In Lee County, Virginia, der 90er-Jahre wächst Barbara Kingsolvers Hauptfigur Demon Copperhead auf, dem das Schicksal alles andere als wohlgesonnen ist. Der Vater verstorben, die Mutter süchtig und ihr Lover ein Arschloch, der Demon häufig misshandelt. Noch keine 30, stirbt seine Mutter an einer Medikamentenüberdosis und der elfjährige Demon lebt fortan bei Pflege-Familien. Aber Familie funktioniert eigentlich anders und unser jugendlicher Held muss unerträglich harte und illegale Arbeiten sowie menschenunwürdige Unterkünfte über sich ergehen lassen. Sein Talent für das Comiczeichnen und der Glaube seines Football-Trainers, es im diesen Sport weit bringen zu können, halten ihn am Leben. Nach einer langen miesen Zeit, scheint das Leben im Haus seines Trainers und dessen Tochter endlich auch positive Aspekte bereitzuhalten. Aber die Leser ahnen, dass es sich nur um ein zwischenzeitliches Hoch handeln kann und  Demon eben nicht Profisportler wird. Vielmehr treibt ihn eine schwere Verletzung in die Medikamentenabhängigkeit.

Barbara Kingsolver in der Tradition von John Steinbeck

Aber Kingsolvers Hauptfigur erweist sich als ein zäher und mit viel Selbstironie ausgestatteter Bursche, der stets gegen die Unbill des Lebens tapfer ankämpft. So gewinnt Barbara Kingsolver dem ganzen Elend in Copperheads Leben noch eine humoristische Note ab, ohne die das fast 900 Seiten lange Epos kaum auszuhalten wäre. Die 1955 in Maryland geborene Schriftstellerin gelingt mit ihrem neuen Roman ein Bravourstück zeitgenössischer, amerikanischer Literatur. Kingsolver lässt Demon Copperhead zumeist frei Schnauze fabulieren, der mit viel Energie und lebendig sein Leben vor uns ausbreitet. Das bringt trotz dessen prekärer Situation maximalen Lesespaß. Ihre Figur steht stellvertretend für so viele Abgehängte in den USA und ihr Buch in der sozialkritischen Tradition eines John Steinbeck. Mithin ein Lehrstück, verpackt in einem süchtigmachenden Pageturner.

Barbara Kingsolver: „Demon Copperhead“, dtv, übersetzt von Dirk van Gunsteren, Hardcover, 864 Seiten, 978-3-423-28396-0, 26 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)    

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