BAP live in Hamburg – Konzertreview

Wolfgang Niedeckens BAP in Springsteen-Form beim Konzert im Hamburger CCH

Text und Fotos von Gérard Otremba

War BAP früher mal nicht eine Kölner Band? Natürlich singt Wolfgang Niedecken, einzig verbliebenes Ursprungsmitglied von BAP, noch auf kölsch. Mit Gitarrist Ulrich Rode, Schlagzeuger Sönke Reich und Allrounderin Anne De Wolff, die sich u.a. um Cello, Posaune, Vibraphone und Geige kümmert, weiß Wolfgang Niedecken gleich drei Hamburger an seiner Seite, ein kleines Heimspiel also für BAP am 29.05.2016 im Hamburger CCH. Es ist die Jubiläumstour. 40 Jahre BAP, Kinder, wie die Zeit vergeht. So ein BAP-Konzert ist natürlich auch eine Reise in die eigene Vergangenheit. Nicht nur bei BAP hat sich viel verändert, auch das treue Publikum ist reifer geworden. Niemand kann einem die Jugend zurückbringen, auch Wolfgang Niedeckens BAP nicht.

BAP live cch 2016

Aber der 65-jährige Niedecken und seine Band, zu der noch Bassist Werner Kopal und Michael Nass an den Tasteninstrumenten (und zusätzliche Gitarre bei „Dä Herrjott meint et joot met mir“) gehören, schenken den Fans einen vergnüglichen, immer noch knapp über drei Stunden währenden, Abend, bei dem man in Erinnerungen schwelgen kann, ohne gleich völlig sentimental werden zu müssen. Ein Hauch von Wehmut darf schon sein, wenn man die Musik von BAP seit über 30 Jahren verfolgt und das erste Konzert Ende der 80er auf der Da Capo-Tour erlebte. Die Setlist beim Auftritt in Hamburg ist natürlich perfekt inszeniert. Pünktlich um 19 Uhr betreten Wolfgang Niedecken und seine Bandmitglieder unter dem Glockenläuten des Kölner Doms die Bühne des CCH und beginnen das Konzert mit „Frau, ich freu mich“, diesem allzeit Spaß bringenden Klassiker vom BAP für usszeschnigge-Album aus dem Jahre 1981. Und auch wenn der Mond von Wanne-Eickel nicht der Bringer ist, die Kassette von Springsteen darf auch zum zehnten Mal auf der Autofahrt abgespielt werden, immer noch.

BAP live cch 2016

Es folgt „Ne schöne Jrooß“, noch so ein alter, aber unverwüstlicher Höhepunkt der frühen BAP-Karriere, zu finden auf dem zweiten Album affjjetaut. Es ist die Tour mit „den beliebtesten Liedern“, wie Wolfgang Niedecken den weiteren Abend ankündigt (und immer wieder mit launigen Ansagen auflockert)  und gleichzeitig auch ein Querschnitt aus fast allen Platten, die er mit BAP seit 1979 veröffentlicht hat. „Nix wie bessher“, das lange nicht mehr gespielte „Fortsetzung folgt“, „Für `ne Moment“, das für Niedecken prophetische „Jupp“ (spielte er doch später sowohl in Peking als auch in Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad) und „Aff un zo“ sind die Verbindungslieder zu den Songs des neuen, und von Sounds & Books besprochenen Albums Lebenslänglich.

BAP live cch 2016

Der Mittelteil des Konzertes gehört also den via Internet von Fans bestimmten Stücken „Alles relativ“, „Ballade vom Vollkasko-Desperado“, „Absurdistan“ und „Vision vun Europa“, das Wolfgang Niedecken im Duett mit Gastmusiker Stoppok singt und das von seinen arabischen Rhythmen und den Gitarrensoli Ulrich Rodes lebt. Starke Songs eines sehr guten BAP-Albums. Bevor das Sextett auf die Zielgerade biegt, spielt es „vier Liebeslieder im Sitzen“, die ewige Ballade „Jraaduss“, das zärtliche „Paar Daach fröher“, eine bewegende Version von „Alles em Lot“ und das immer noch zauberhafte „Do kanns zaubere“, ein Song, bei dem man schon so oft schmachtete, ob nun glücklich, oder unglücklich verliebt, egal, der Song war immer für einen da. Mit den textlich leider immer noch aktuellen „Kristallnaach“ und „Arsch huh, Zäng ussenander“ wird wieder gerockt und eine achtminütige Fassung des  unverwüstlichen Megahits „Verdamp lang her“ beschließt das Konzert unter Standing Ovations des Hamburger Publikums.

BAP live cch 2016

Während der Zugabe „Alexandra, nit nur do“ hat der Gig längst den Charakter einer BAP-Party im besten Springsteenschen Sinne angenommen. Zwar sieht Wolfgang Niedecken dem alten Zausel Bob Dylan immer ähnlicher, doch seine Bühnenpräsenz gleicht dem knapp zwei Jahre älteren Bruce Springsteen umso mehr. Und Konzerte von über drei Stunden Lauflänge passen auch viel besser zum „Boss“, als zu Dylan. Eigentlich wäre „Unendlichkeit“ in der Tat ein guter letzter Song gewesen, doch spannt Niedecken mit „Et letzte Leed“ noch den Bogen in die 70er Jahre, als BAP noch „Welttourneen in Köln“ gaben. Schön unplugged, mit Akkordeon, Mandoline, Trommel, akustischer Gitarre, Geige und Kontrabass verabschieden Wolfgang Niedecken und seine BAP-Freunde die Hamburger Fans (und die vielen angereisten Kölner) in die laue Nacht hinein. Einen ganz famosen Auftritt haben alle Gäste miterlebt, denn Wolfgang Niedecken weiß mit seinem opulenten musikalischen Erbe bestens umzugehen, ist charismatisch geblieben und altert in Würde (auch wenn das noch so abgedroschen klingt). Auf diesem Wege kann das noch ein paar Jahre weitergehen mit Niedeckens BAP.

BAP live cch 2016

BAP live cch 2016

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