Arcade Fire live in der Düsseldorfer Philipshalle 2010

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Die kanadische Band Arcade Fire brilliert am 29.11.2010 mit pathetischem Indie-Rock-Pop und verzückt die Fans bis hin zum Erweckungserlebnis

von Gérard Otremba

Die Faszination der kanadischen Band Arcade Fire bleibt auch nach nunmehr drei veröffentlichten Alben ungebrochen, ja, sie steigt sogar von Jahr zu Jahr. Nach dem furiosen Debüt „The Funeral“ (2004) und dem nicht minder beeindruckenden „Neon Bible“ (2006) legte die aus Montreal stammende Formation dieses Jahr mit „The Suburbs“ das vielleicht poppigste Werk ihrer noch jungen Karriere vor.

Die acht Musiker von Arcade Fire entern die Bühne

Am 29.11.2010 gastierten die Kanadier während der laufenden Tournee in der Düsseldorfer Philipshalle. Kurz nach 21 Uhr okkupierten die acht Musiker die Bühne und begannen das Konzert mit „Ready To Start“, das sofort zündete und den Grundstein für die folgenden 90 Minuten legte. Natürlich ist die Musik von Arcade Fire an Pathos kaum zu überbieten. Und das ist gut so. Und mit aller gebotener Dringlichkeit vermitteln Régine Chassagne, Win Butler, Will Butler, Richard Reed Parry, Tim Kingsbury, Jeremy Gara, Sarah Neufeld sowie eine Gastviolinistin diesen hymnischen Pathos auch live on stage. Bei acht Musikern und ähnlich vielen Instrumenten pro Song, ist auf der Bühne immer was los. Gitarren, Bass, zwei Geigen, Schlagzeug, Percussion, Keyboard, E-Piano, Akkordeon, Banjo und, und, und. Arcade Fire fahren mächtig auf und überzeugen das Publikum mit einer intensiven Performance.

Pathetisches und Romantisches aus den Alben „The Funeral“, „Neon Bible“ und „The Suburbs“

Doch trotz aller Opulenz und Vehemenz, von denen Songs wie „No Cars Go“, „Keep The Car Running“ oder „Neighborhood (Laika)“ leben, wohnt diesen Stücken auch immer das zutiefst Romantische, Zigeunerhafte inne. Und das berührt. Hoffnung und Verzweiflung liegen im musikalischen Universum von Arcade Fire ganz dicht nebeneinander, wie bei „Haiti“ und „Sprawl II (Mountains Beyond Mountains)“ bestens zu hören. Dementsprechend veranstalten die Damen und Herren einen großen zauber- und rauschhaften Zirkus. Während das bis dato auf den vorliegenden Alben noch nicht veröffentlichte „Cold Wind“ für Arcade Fire-Verhältnisse geradezu andächtig gerät, entpuppt sich „Month Of May“ als das, was es wirklich ist: entfesselter Stadionrock. „Month Of May“ leitet dann auch den famosen Endspurt ein, der mit „Neighborhood 1 (Tunnels)“ seine würdige Fortsetzung erlebt, mit „We Used To Wait“ eine kurzfristige Tempoentschärfung erfährt, nur um anschließend während „Neighborhood 3 (Power Out)“ und „Rebellion“ den endgültigen Höhepunkt zu erklimmen. Ein infernalischer Abgang.

Mit Arcade Fire zum Erweckungserlebnis

Die ganz große Geste liefern Arcade Fire mit den beiden Zugaben. „Intervention“ schleicht sich langsam an und kulminiert in brillierenden Chören, singt dem Musikgott ein Hallelujah. „Wake Up“ schließlich als ultimativer Rausschmeißer. Wie hier aus sieben Kehlen auf der Bühne und aus hunderten im Publikum flehentliche „Ooooohhhh“-Gesänge angestimmt werden, allerspätestens hier ist das langersehnte Erweckungserlebnis bis ins Mark zu spüren. Mehr inbrünstiges Pathos geht nicht. Okay, leider „nur“ 90 Minuten, jedoch von der schönsten Sorte. Ein herzergreifendes Erlebnis.

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