Die Neuauflage der schönsten Platte der eigenwilligen wie genialen Künstlerin Annette Peacock ist ein Segen.
von Sebastian Meißner
Die New Yorkerin Anette Peacock ist eine Pionierin, Innovatorin und Wegbereiterin vor allem des Synthie-Pop und der live gespielten elektronischen Musik. Sie hat Verehrer:innen aus allen denkbaren Genres. Sie tourte mit Albert Aylers Band, als sie gerade 20 Jahre alt war. Der Pianist Paul Bley nahm schon Mitte der 1960er Jahre ihre Kompositionen auf, die schließlich auf über 60 seiner Platten zu hören waren. Nachdem sie das Walter-Carlos-Album „Switches On Bach“ gehört hatte, besuchte sie Robert Moog und überredete ihn beharrlich, ihr einen Prototyp einer seiner Maschinen zu schenken, was ihr schließlich auch gelang.
Kompromisslos und trotzig
Mit dieser Vehemenz und Eigenköpfigkeit baute sich Annette Peacock schrittweise ihre
musikalische Vision auf. Dabei hat es sich die Frau von Jazz-Bassist Gary Peacock nicht gerade leicht gemacht. Rein kommerziell betrachtet hat sie im Grunde genommen genau das Gegenteil getan. Authentisch durch und durch, kompromisslos und zum Teil auch trotzig ist sie im Laufe ihrer nunmehr sechs Jahrzehnte währenden Karriere immer nur ihrer Intuition und ihrem Herzen gefolgt, nie dem Geld oder der Aussicht auf Ruhm „Ich habe oft das Gefühl, dass ich das Richtige zur richtigen Zeit tue, aber dann stellt sich heraus, dass ich 20 bis 40 Jahre zu früh dran war“, sagt sie einst im Interview mit The Quietus. Peacock, die Autodidakten ist, sieht genau darin den Schlüssel für ihre Originalität. „Ich war nicht darauf trainiert, Musik auf traditionelle Weise zu hören, was mir den Vorteil verschaffte, dass ich in der Lage war, rein zu hören, ohne jegliche Grundlage von Perspektive oder Ähnlichem. Der ganze Prozess war also sehr offen für mich.“