AnnenMayKantereit beweisen auf ihrem vierten Album, dass sie es immer noch können
Henning May, der Sänger der Band AnnenMayKantereit, ist bekannt für seine dunkle und raue Stimme. Dennoch klingt seine Stimme auf den ersten Tönen des Albums noch tiefer, als man es gewöhnt ist und weckt damit sofort die Aufmerksamkeit des Hörers. „Lass es kreisen“ ist ein wütender Popsong über das Gefühl, endlich wieder aus der (Corona-)Einsamkeit zu kommen und die Tempoveränderung am Ende des Songs macht deutlich, dass auch AnnenMayKantereit es kaum abwarten können, endlich wieder loszuziehen. Auf diesen ersten sehr starken Song folgt das leichte „3 Tage am Meer“. Hier wird klar, dass auf diesem Album die Themen besprochen werden, die eine ganze Generation beschäftigen. Beispielsweise der Wunsch, einfach mal rauszukommen und alleine ans Meer zu fahren, um herauszufinden, wer man ist, wenn man alleine ist.
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Ein Liebeslied für Erdbeerkuchen
Nachdem auf vorherigen Alben bereits über „Marie“ und „Jenny, Jenny“ gesungen wurde, ist es nun „Katharina“, die offenbar einige aufmunternde Worte nötig hat. Es ist ein typischer AnnenMayKantereit-Song, mit einem starken Beat von Severin Kantereit und einem eingängigen Gitarrenriff von Christopher Annen. Henning May schreit besagte „Katharina“ in dem sich in sich selbst hochschraubenden Refrain mehr oder weniger an, dass sie aufhören soll, an sich zu zweifeln und dass ihre Angst nicht genug zu sein, völlig unbegründet ist. Er sagt ihr, dass ihre Wut in Ordnung ist, scheint aber zeitgleich auch darüber wütend zu sein, dass „Katharina“ so viele Zweifel hat.
Zwischen einigen schweren Themen auf diesem Album ist wohl das Thema Erdbeerkuchen das Leichteste. „Erdbeerkuchen“ ist ein leichter Sommersong, der Lust auf Sommer, Sonne und eben Erdbeerkuchen macht. Ein Riff, das problemlos auf den frühen Platten der Beatles hätte Platz finden können und ein Text, der auch aus Grönemeyers Feder („der Erdbeerkuchen, den musst du mal versuchen“) stammen könnte, sind hier die Zutaten für einen erfrischenden AnnenMayKantereit-Sound.
Der Ascheplatz, Zinédine Zidane und Henning May auf Kölsch
Mit „Kein Stern“ widmet die Band dem Flutlicht über dem Ascheplatz ein Liebeslied. Das, was erstmal etwas seltsam klingt, ist wohl der Grund für die Verbindung der Fans zu der Musik von AnnenMayKantereit. Es ist sind die bodenständigen Themen, die im Falle von „Kein Stern“ von einer emotionalen E-Gitarre begleitet werden, die immer wieder verdeutlichen, dass die Band am Boden geblieben ist. Nachdem Provinz in ihrem Song „Diego Maradonna“ bereits eine Hommage an ebendiesen geschrieben hat, ziehen AnnenMayKantereit nun nach und huldigen Zinédine Zidane.
Zwischen vielen neuen Tönen gibt es aber auch den typischen Sound. „Du tust mir nie mehr weh“ beispielsweise könnte sich problemlos auf dem ersten Album der Band befinden. Einige bereits live gespielte Songs wie „Orangenlied“ oder „Tommi“ sind hier natürlich ebenfalls keine Überraschungen mehr. Mit „Tommi“ liefert die Band ein weiteres Liebeslied, das sich nicht an eine Person richtet. In diesem Fall aber an ihre Heimat Köln. Wenn May hier auf Kölsch singt, bekommt man selbst als nicht-Kölner das Gefühl, man müsste zurück nach Köln.
AnnenMayKantereit zwischen Heimat und Sucht
„Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ ist nicht nur der Titel des Albums, es ist auch das Konzept und das Gefühl des Albums. Ein Album voller Leichtigkeit und dem Gefühl, Abends mit Freunden zusammenzusitzen und sich gegenseitig zu erzählen, was einen so beschäftigt. Es ist kaum verwunderlich, dass auch AnnenMayKantereit an solchen Abenden von Themen wie Heimat („Weißhausstraße“) auf Erdbeerkuchen und von da auf Sucht („Heute Abend wird es regnen“) kommen. „Nach so vielen Monaten alleine musst du mir erstmal beweisen, dass du es noch kannst.“, singt Henning May auf „Lass es kreisen“. AnnenMayKantereit haben mit diesem Album definitiv bewiesen, dass sie es noch können.
„Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ von AnnenMayKantereit erscheint am 03.03.2023 bei AnnenMayKantereit Records. (Beitragsbild von Martin Lamberty)
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