Anna B Savage: A Common Turn

Anna B Savage by Ebru Yildiz

Ein faszinierendes Debütalbum von Anna B Savage

Diese Stimme. Sie ist das Erste, das Aufmerksamkeit erregt beim Genuss des Debüt-Albums der Londonerin Anna B Savage und die Vergleiche evoziert, die man in dieser Bandbreite auch nicht alle Tage zu lesen bekommt. Der Musik-Express macht’s nicht unter Odetta neben Nina Simone. Nico sowie P.J.Harvey werden vom Missy Magazine ins Feld geführt. Byte FM kontert mit Perfume Genius, Aldous Harding oder Angel Olsen; der BR schließlich bezeichnet Savage als „jüngere Schwester von Jeff Buckley“, der zurecht als „virtuoser Gefühlsforscher“ dargestellt wird. Ausnahmslos Hochkaräter, jeder Vergleich ist als Kompliment gemeint. Und jeder ist so stimmig wie nachvollziehbar.

Sechs Jahre nach der ersten EP folgt das Debütalbum

Anna B Savage A Common Turn Cover City Slang

Savage selber schiebt im Rolling Stone-Interview ihren Eltern, beide klassisch ausgebildete Sänger, die sie oft im Konzert erlebte, die Verantwortung dafür zu. Überhaupt scheint sie Schwierigkeiten zu haben mit Lobpreisungen, die es bereits nach Erscheinen ihrer ersten EP 2015 zu lesen gab und die sie verunsicherten, unter Druck setzten und schließlich lähmten. Dass ihr Album nun, sechs Jahre später, endlich das Licht der Welt erblickt, nachdem im  letzten Jahr schon vereinzelt Singles davon zu hören waren, liegt ebenso an ihrem Produzenten William Doyle aka East India Youth, der selber unter beiden Namen Tonträger veröffentlichte und ein wichtiger musikalischer Partner wurde. Drones spielen in seinem wie nun auch in ihrem Werk eine Rolle. „ A Common Turn“ ist ein Indie- Songwriter-Album mit modernen Mitteln, Schrammelgitarren spielen da meist eine untergeordnete Rolle, sind aber ebenfalls vorhanden („Corncrakes“, „Dead Pursuits“).

Anna B Savage nimmt Bezug auf Leonard Cohen

Dazu orchestrale Sounds aus dem Synthie, wenn das Pathos des Vortrages unterstützt wird; dies geschieht jedoch nie vordergründig-bombastisch. Sphärische Keyboards, leicht angejazzte Grooves – die musikalischen Mittel, um dieses faszinierende Stimmorgan zu präsentieren, sind vielfältig. Da entsteht beim Titelsong sogar mal ein Stadion-Rock-Finale oder bei „Two“ oder „BedStuy“ ein kurzer Moment auf der Tanzfläche mit Industrial-Einlage. Lyrisch wird das Ego präsentiert, mit erstaunlicher Offenheit: „Chelsea Hotel #3“ zum Beispiel nimmt Bezug auf das fast gleich betitelte Stück von Leonard Cohen. Beide Stücke eint die Beschreibung oraler Befriedigung, beide Sänger:Innen sind aus unterschiedlichen Gründen unzufrieden mit der Situation. Savage musste lernen, „to take care of myself“, wie im dazugehörigen Video anschaulich illustriert wird, was durchaus mehrdeutig zu verstehen ist.

„A Common Turn“ ist ein faszinierendes Werk weiblicher Selbstermächtigung und ein enormes musikalisches Statement, das trotz starker Mitbewerber:Innen aus dem Veröffentlichungsplan dieser Woche herausragt. Empfehlung.

„A Common Turn“ von Anna B Savage erscheint am 29.01.2021 bei City Slang. (Beitragsbild von Ebru Yildiz)

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