Amor Towles: Eve

Amor Towles credit Dmitri Kasterine

Ein köstlich amüsanter, spannender und von Amor Towles charmant erzählter Roman über das Hollywood der End-30er-Jahre

von Gérard Otremba

Im Debütroman „Eine Frage der Höflichkeit“ von Amor Towles, dessen superben Roman „Lincoln Highway“ wir 2022 rezensiert haben, hatte Eve an der Seite ihrer besten Freundin Kate bereits eine wichtige Rolle. Die in New York der 30er-Jahre spielende Dreiecksgeschichte endete für Eve, mit vollem Namen  Evelyn Ross, mit einem Unfall, bei dem sie eine fast zehn Zentimeter lange Narbe im Gesicht zurückbehielt. In „Eve“ verlässt die junge Frau New York, um an der Westküste der USA, in Hollywood, ihr Glück zu versuchen. In Hollywood, wo Märchen von den Menschen permanent neu erfunden und Träume manchmal wahr werden.

Eve und Olivia de Havilland

Amor Towles Eve Cover Hanser Verlag

Die selbstbewusste, intelligente und schöne Eve übt eine große Faszination aus, kann hochnäsig und arrogant auftreten, schenkt aber jedem Gegenüber, der ihr Interesse weckt, sofort ihre volle Aufmerksamkeit. So wie während der Zugfahrt nach Los Angeles dem pensionierten Polizisten Charlie, der im weiteren Verlauf in Eves Geschichte eine wesentliche Rolle einnimmt. Im Beverly Hills Hotel in L.A. trifft sie auf den ehemaligen, in die Jahre gekommenen Filmstar Prentice, der sich mühevoll an die Vergangenheit klammert. Darüber hinaus lernt sie die aufstrebende Schauspielerin Olivia de Havilland (Schwester von Joan Fontaine) kennen, die just an der Seite von Errol Flynn in den Filmen „Unter Piratenflagge“ und „Robin Hood – König der Vagabunden“ ihren internationalen Durchbruch geschafft hat. Die Verfilmung des Romans „Vom Winde verweht“ steht an, wären da nicht diese vertrackten Verträge ihrer Filmgesellschaft. Zu allem Überfluss wird das neue Filmstarlett auch noch von einem windigen und skrupellosen Paparazzo  mit Nacktfotos erpresst.

Eine filmreife Vorlage von Amor Towles

Aber Eve greift ein. Hört sich ein Angebot des Anwalts von Filmmogul David A. Selznick an und betätigt sich als listige Detektivin, um de Havilland aus der misslichen Situation zu helfen. So gerät „Eve“ mehr und mehr zu einem raffinierten Krimi, von Amor Towles in Form einer filmreifen Vorlage erzählt. Ein schwereloses literarisches Vergnügen, dieses Eintauchen in die amerikanische Filmszene des Jahres 1939. Von Towles kurzweilig, humorvoll, spannend und charmant ge- und beschrieben, die Krimihandlung trick- und wendungsreich, die Dialoge originell und clever. Und Eve mittendrin zwischen den Intrigen und  Skandalen, manchmal von Towls als Hotspot präsentiert, manchmal schattenhaft aus dem Hintergrund operierend. Wer sich köstlich amüsieren möchte, macht bei diesem Roman nichts falsch.

Amor Towles: „Eve“, Hanser, übersetzt von Susanne Höbel, Hardcover, 224 Seiten, 978-3-446-28125-7, 24 Euro. (Beitragsbild von Dmitri Kasterine)                 

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