Algiers: Shook – Albumreview

Algiers credit Ebru Yildiz

Das Post-Punk-Album 2.0 „Shook“ schickt die amerikanische Band Algiers ins Rennen um die Endjahreslistenplätze

Die Wiederkehr des Post-Punk scheint das Ding der Stunde – einer ziemlich langen Stunde bereits, veröffentlichten doch einige Protagonisten dieser zweiten Welle in jüngster Zeit ihr zweites oder drittes Album. Algiers aus Atlanta/Georgia mit „Shook“ sogar ihr viertes. Und doch – der Sound des Quartetts um Sprachrohr sowie Multi-Instrumentalist  Franklin James Fisher unterschied sich schon immer von den anderen hoch gelobten Protagonisten der Szene – tontechnisch (Fishers Gospel – Einflüsse sind seit Album Eins ein signifikanter Bestandteil des Bandklangs; Jazz, Punk und Industrial darüber hinaus Sounds, die vor allem live extrem zum Tragen kommen) sowie in der politischen Positionierung der Band, die sich nicht nur durch die Gegenwarts-bezogenen Texte offenbart.

Großes Stelldichein bei Algiers

Algiers Shook Cover Matador Records

„Shook“ versammelt insgesamt 17 neue Stücke, die Kürze der meisten (eingesammelte „Kommentare“ z.B.) sowie die Menge an Gästen lässt eine verstärkte Nähe zum Hip Hop erahnen. Dabei sind zum Beispiel das New Yorker Rap-Urgestein Billy Woods, Big Rube (Dungeon Family), Samuel T. Herring (Future Islands), der Gitarrist Mark Cisneros (u.a. Kid Congo), die ägyptische Avantgardistin Nadah El Shazly, Boy Harsher-Stimme Jae Matthews, LaToya Kent vom Kollektiv Mourning [A] BLKstar, der Journalist wie Theoretiker DeForrest Brown, Jr., der Alternative- wie Southern-Rock-Gitarrist Lee Bains III und der Komponist wie Avantgarde-Saxophonist Patrick Shiroishi. Nicht zu vergessen die langsam den Status als Geheimtipp verlassende, kanadische Industrial/Metal-Rapperin Backxwash.

Und, Tommelwirbel: Der Bruder im Geiste (und nur sehr selten für Features zur Verfügung stehende) Zack de la Rocha of Rage Against The Machine – Fame. Gegen die „Maschine“ wird auch hier einmal mehr angestunken – auf so vielen Ebenen, was Algiers von den meisten anderen unterscheidet, die postpunkig unterwegs sind und zum Teil ebenso am kommenden Freitag Tonträger/Musikfiles zur Diskussion stellen.

Algiers‘ Grenzüberschreitungen

„A Good Man“ haut als einziger Song brachial in die punkige Kerbe, mit räudigen Chören und brachialem Gitarren-Geschrubbe. Wer Punk sowie seinen differenzierteren Nachfolger Post Punk jedoch definiert als musikalische Grenzüberschreitung, die ihre Nachbarschaft zum freien Jazz ebenso feiert wie die zur pointierten Elektronik, wird wie immer fündig auf „Shook“, auch oder gerade weil der Sound des Quartetts sich mal wieder weiter entwickelt hat. Algiers bleiben, nicht nur im direkten Vergleich zu ihren Post-Punk-Kollegen, die mitunter relevanteste Band zur Zeit; trotz politischer Thesen, die im Einzelfall Widerspruch verlangen. Dass Algiers darüber hinaus live einfach unschlagbar sind verstärkt die Kaufempfehlung für Platte und Ticket. Das hier ist Stoff für die Jahresbestenliste.

„Shook“ von Algiers erscheint am 24.02.2023 bei Matador/Beggars Group. (Beitragsbild von Ebru Yildiz)

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Kommentare

  • <cite class="fn">Thomas M.</cite>

    „Das hier ist Stoff für die Jahresbestenliste.“ Aber doch recht weit unten. Die Platte wirkt überambitioniert, verzettelt und macht es einem schwer, richtig in ihr anzukommen. Es fehlt viel zu oft die Intuition für das richtige Timing – zuviele Leute, die mitgefummelt haben? Enttäuschend!

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