Alexander Gorkow: Die Kinder hören Pink Floyd

Alexander Gorkow Die Kinder hören Pink Floyd Cover Verlag Kiepenheuer & Witsch

In seinem neuen Roman „Die Kinder hören Pink Floyd“ erinnert sich Alexander Gorkow an seine Kindheit in den 70er-Jahren

Mit „Die Kinder hören Pink Floyd“ schickt uns Alexander Gorkow in die 70er-Jahre. Sein autobiographisch gefärbter und auf knapp 200 Seiten verdichteter, neuer Roman entpuppt sich als eine melancholisch-heitere Verneigung vor Gorkows älterer, in der Zwischenzeit verstorbener Schwester. Diese litt als Contergangeschädigte an einem höchst seltenen Herzfehler, war Mitte der 70er-Jahre 16 und hörte Pink Floyd, für sie mithin eine Band, die für den Kampf gegen das Establishment stand. Alexander Gorkow versetzt sich in seinem Erinnerungsbuch in die Gedankenwelt seines zehnjährigen Ichs, der die Schwester anhimmelt und von ihr auf natürliche Weise im Musikgeschmack beeinflusst wird.

Aufbruchstimmung in den 70er-Jahren

Alexander Gorkow Die Kinder hören Pink Floyd Cover Verlag Kiepenheuer & Witsch

Gorkow versteht es, den damaligen Alltag in Meerbusch-Büderich vor den Toren Düsseldorfs mit herzergreifender Nostalgie und humoristischer Ernsthaftigkeit einzufangen. So, wie für die Schwester Pink Floyd als Symbol für die Auflehnung gegenüber verkrusteten Verhältnissen steht, so sind Gorkows junge, mit all ihren gesundheitlichen Einschränkungen lebenden Protagonisten ein Sinnbild für eine neue, vielfältige und aufbrechende Generation. Die Schwester, die sich „nur die Theorien der jungsozialistischen Schülergruppe“ reinpaukt und Heino als Nazi beschimpft, der junge Gorkow, dessen Stottern zu einer Art Running Gag des Romans wird sowie dessen damals als „Mongo“ bezeichneter Klassenfreund Hubi, der bevorzugt den Schlager „Good My Love, Goodbye“ des Aphrodite’s-Child-Sängers Demis Roussos intoniert.

Gorkows Reminiszenz an das analoge Musikhören

Gorkow wirft einen untrüglich-charmanten Blick auf das Leben seiner Familie in den 70er-Jahren. Mit an Loriots Komik erinnernden Dialogen illustriert der 1966 geborene Autor den Gorkowschen Alltag zwischen dem Schauen der Heute-Nachrichten mit Gerhard Klarner und den Diskussionen über Politiker wie Rainer Barzel. Und in einem kleinen Absatz gelingt ihm eine dieser ultimativen Reminiszenzen an das analoge Musikhören. „In das Thorens-Fach stellte der Vater stattdessen nach Größe geordnet Fläschchen und Bürsten, Öle, Essenzen, Reinigungsalkohole, Tonkopf- sowie Schallplattenreiniger und dazu einen 5er-Turm mit BASF-Chromdioxid-II-Kassetten (Aufnahmen fürs Auto). Es riecht nach Holz, Eisen und Elektrik, ein Duft nach Verlässlichkeit, Präzision und elektrischer Ewigkeit.“ Eine noch nicht von Spotify & Co. bedrohte, auf den Genuß ausgerichtete Musikwelt. Und ein wichtiges Stück Kulturerbe.

Alexander Gorkow huldigt Pink Floyd

Es folgt eine dezidierte Beschreibung der „Uraufführung“ des Pink-Floyd-Albums „Wish You Were Here“ auf dem Thorens-Schallplattenspieler, die jeden Musikenthusiasten begeistert. Selbstredend zieht sich die Musik von Pink Floyd als roter Faden durch den Roman, Gorkow huldigt in gebotener Form der britischen Psychedelic-Prog-Rock-Band und setzt sich mit dem Wirken ihres langjährigen Frontmannes Roger Waters auseinander, den er nach dessen diskutablen Äußerungen zu Israel 2018 interviewte und im Epilog des Buches darauf eingeht.

Damals weigerte sich Alexander Gorkow, das Waters-Konzert in der Münchner Olympiahalle zu besuchen und wollte mit Pink Floyd endgültig abschließen. Aber wer ein solch schönes Buch über die Floyds schreibt, der kann nicht ernsthaft mit ihnen brechen. Einer Band, die Alben wie „The Piper At The Gates Of Dawn“, „Atom Heart Mother“, „Dark Side Of The Moon“, „Wish You Where Here“ und „The Wall“ veröffentlicht hat, kann man einfach nicht abschwören. Damals hörten die Kinder Pink Floyd, heute tun wir es immer noch.

Alexander Gorkow: „Die Kinder hören Pink Floyd“, Kiepenheuer & Witsch, Hardcover, 192 Seiten, 978-3-462-05298-5, 20 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)

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