Mit ihrem dritten Album katapultiert sich Aldous Harding endgültig in den Songwriter-Olymp
Auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum überzeugte Aldous Harding mit schaurig-schönen, geheimnisvollen, fragilen wie bezirzenden Indie-Folksongs. „Gothic-Folk“, wie Harding ihre Musik klassifizierte. Die spartanische Instrumentierung blieb auch das Marlenzeichen auf „Party“, dem 2017 veröffentlichten Zweitwerk der neuseeländischen Songwriterin, die Arrangements indes klangen nicht mehr so gespenstisch wie zuvor. Eine konsequente Weiterentwicklung, die großartiges Material hervorbrachte, wie „Imagining My Man“, „Living The Classics“, „Party“, „I’m So Sorry“ oder „What If Birds“. Wie schon für ihre beiden Vorgängeralben hat Harding auch für ihr neues Album neun Songs eingespielt. Wiederum unter der Regie von John Parish (PJ Harvey) entstanden, bleibt sich die 1990 geborene Harding textlich treu und verhandelt weiterhin Themen wie Liebe, Leben, Leid und Tod.
Immer näher an Joni Mitchell und Laura Marling
Lyrics und musikalische Umsetzung sind wie bei Harding gewohnt von zutiefst poetischer Natur. Sie orientiert sich im Songwriting noch deutlicher an Kolleginnen wie Joni Mitchell und Laura Marling und alles klingt wieder düster, schwermütig und anmutig. Beginnend mit dem bezaubernden „Fixture Picture“, das von dezenten Drums, elegischen Streichern sowie Hardings betörender Stimme dominiert wird, und endend mit dem auf einem repetitiven Pianoakkord basierenden „Pilot“. Dazwischen sieben weitere, überragende Tracks, die Aldous Harding als eine der aufregendsten, zeitgenössischen Songwriterinnen zeigen. Der Titeltrack „Designer“ beginnt mit einer gezupften Leonard Cohen-Gitarre, bevor nach einer kurzen Pause perkussive Klänge den Rhythmus vorgeben, von Harding jedoch stets mit Übergangspassagen unterbrochen werden, wo mal ein Gitarre zirpt, mal ein Piano einsetzt oder sanfte Bläser den Raum schmücken. In „Zoo Eyes“ brilliert Harding mit einem verschleppten Tempo und einem Dream-Pop-ähnlichen Refrain, der wiederum von Bläsern getragen wird und an den filigranen Indie-Pop aus der Frühphase von Belle & Sebastian erinnert.
Aldous Harding und die Schwermut
Piano, Akustische und Backing Vocals reichen, um „Treasure“ in Szene zu setzen, während das von Sounds & Books bereits als Song des Tages vorgestellte „The Barrel“ auch mit ein paar Instrumenten mehr die Melancholie und Traurigkeit perfekt einfängt. Harding lässt ein Glanzlicht dem nächsten folgen. In sechseinhalbminütigen „Damn“ ist fast ausschließlich nur noch ein stoisches Piano nebst Gesang zu vernehmen, die Schönheit suhlt sich in der Schwermut und wer beim ergreifenden „Heaven Is Empty“ nicht emotional durchgeschüttelt wird, dem ist nicht mehr zu helfen („Unconditional love / A crane at the top of the lake / I’ll hung like Jesus on my pulling bed / Heaven is empty“). Musikalisch vergleichsweise leichtfüßig nimmt sich dagegen „Weight Of The Planets“ aus, das aber natürlich schwere Bürden textlicher Art mit sich trägt. Mit „Designer“ gelingt Aldous Harding große Kunst und der endgültige Aufstieg in den Songwriter-Olymp. Magisch!
„Designer“ von Aldous Harding erscheint am 26.04.2019 bei 4AD / Beggars Group (Beitragsbild von Clare Shilland).