Indiepop aus Schottland ist oft etwas ganz Besonderes. Das neue Album der Glasgower Band Admiral Fallow übertrifft dennoch alle Erwartungen.
von Werner Herpell
Am Opener des neuen Albums der schottischen Band Admiral Fallow lässt sich die Reifung von Haupt-Songwriter Louis Abbott gut ablesen: Schilderte er vor 15 Jahren, auf dem Debüt „Boots Met My Face“, noch eine ungestüme Jugend (inklusive der im Plattentitel angedeuteten schmerzhaften Scharmützel), so geht es in „First Names (Storms)“ nun um die unendlich tiefe väterliche Liebe zum eigenen Kind: „Go to sleep, little one/Tomorrow we’ll keep you from harm/And when we’ve run out/Of first names for all of the storms/There’ll still be you/there’ll still be me“. Hach, wie schön!
Zwei „Wiegenlieder“ voller Zärtlichkeit
„Das Album beginnt und endet mit zwei Lullabies. Dieser Song ist der chaotischere der beiden und spielt auf die Stürme an, denen wir in unserem Leben begegnen, ob metaphorisch oder nicht“, sagt Jung-Vater Abbott im Sounds-&-Books-Interview über „First Names (Storms)“ und das ebenso berührende abschließende Gegenstück „All The Distractions“ („All the distractions fall on deaf ears/’Cos I’m only tuned in to you breathing“). Es sind ganz leise „Wiegenlieder“ voller Zärtlichkeit und Dankbarkeit, die Admiral Fallow in eine perfekt passende hauchfeine Chamber-Pop-Produktion hüllen.
Viele Texte auf dem neuen Album handeln tatsächlich „von den Jahren meines Lebens, in denen ich eine eigene junge Familie gegründet und über diese große Veränderung nachgedacht habe“, bestätigt Louis Abbott. Noch verstärkt durch den rauen, latent sehnsuchtsvollen Schotten-Dialekt des in Edinburgh aufgewachsenen, seit langem in Glasgow lebenden Sängers, legt sich am Anfang und am Ende von „First Of The Birds“ (und einige balladige Male zwischendurch) eine muckelig warme Kuscheldecke über den Hörer.
Zwischen Artpop und Celtic-Folkrock
Diese im kalten Herbst besonders willkommene Behaglichkeit (nicht zu verwechseln mit der im Indie-Folk derzeit oft so langweiligen Selbstgenügsamkeit) setzt sich auch in den lauteren, wuchtigeren Liedern der Platte fort. „The Shortest Night“, „Avalanche“ und „Headstrong“ – alle via Youtube und Bandcamp als Appetizer veröffentlicht – sind epische, euphorische Artpop-Tracks, mit ambitionierten Arrangements und prachtvollen Vocals von Abbott und Keyboarderin Sarah Hayes, einer hoch anerkannten Sängerin und Komponistin der renommierten Glasgower Folk-Szene.
Andernorts ist die seit 2010 über vier auch schon tolle Vorgänger-Alben bewährte Grundierung der Admiral-Fallow-Songs im Celtic-Folkrock weiterhin spürbar, feine elektronische Spielereien und Mellotron-Einsätze finden ebenfalls ihren Platz in den zehn Liedern (plus ein kurzes Interlude-Stück). Die drei erwähnten Vorab-Singles, aber auch „Living For You“, „Dead In The Water“, „Daydreaming (Why Any Of This?)“, „To Not Be Left Behind“ und „Overcoat“ sind mit all ihren bezaubernden klangmalerischen Zutaten so komplex wie eingängig, die Songs wachsen mit jedem Hören zu neuen Highlights im fast zwanzigjährigen Schaffen der Glasgower Band heran.
Ein eigener Sound, klug weiterentwickelt
Im Interview nennen Abbott/Hayes als Referenzen für ihre anspruchsvolle Musik Sufjan Stevens, Bruce Springsteen, The Flaming Lips, John Grant und Radiohead. Alles richtig – doch zum Glück klingt „First Of The Birds“ dabei immer sehr eigen, dank einer auch von Top-Produzent Paul Savage beaufsichtigten, klugen Weiterentwicklung dieses seit der Gründung 2007 unveränderten Quintetts, das neben Abbott (Gesang, Gitarre, Keyboards) und Hayes (Gesang, Keyboards, Flöte) noch aus Kevin Brolly (Keyboards, Klarinette), Phil Hague (Schlagzeug) und Joe Rattray (Bass) besteht.
Man spürt bei Admiral Fallow auch auf dieser Platte, ihrem Opus magnum, dass die Chemie zwischen den fünf Musikern und ihrem Stammproduzenten Savage einfach stimmt. „In gewisser Weise sind wir zusammen durch unsere Zwanziger und Dreißiger gewachsen“, so Sarah Hayes im S&B-Interview. „Ich kann nicht behaupten, dass es immer perfekte Harmonie war. Aber wir sind wahrscheinlich toleranter gegenüber den Macken der anderen als je zuvor. Wir sind einfühlsamer geworden. Wir haben eine musikalische Sensibilität und Kommunikation entwickelt, die sich wie ein Nachhausekommen anfühlt, vor allem, da wir alle an so vielen anderen Projekten beteiligt sind. Und wir können über die gleichen Dinge lachen, was sehr hilfreich ist.“
Admiral Fallow werben für Indiepop-Schottland
Ein sehr persönlich gefärbtes Fazit: Mit „First Of The Birds“ von Admiral Fallow hat mein geliebtes Schottland, dieses traditionsreiche Herkunftsland herausragender Indie-Popmusik, mal wieder geliefert. Ein spätes Album für die Jahresbestenliste dieses Reviewers.
Das Album „First Of The Birds“ von Admiral Fallow erscheint am 31.10.2025 bei Chemikal Underground und via Bandcamp. (Beitragsbild: Pressefoto)

Hi Mic, das freut mich sehr! Ich liebe diese Band auch schon seit Anfang an und finde die neue Platte besonders toll. Gibt‘s bei jpc ab 7.11. auf Yellow Vinyl. Klingt dann nicht nur super, sieht auch noch so aus. Herzliche Grüße, Werner
Hallo Herr Herpel. toll geschrieben und beschrieben . Ich mag die Band sehr , kenne die neue Platte aber noch nicht …. 😉
Bin gespannt und höre sie mir gleich mal an .
Beste Grüße Mic
Gute Musik ist einfach & gute Musik !