A.S. Fanning live in Hamburg 2023

A.S. Fanning live Hamburg 2023 Headcrash by Gérard Otremba Sounds & Books

Mit dunklem Songwriter-Folk und Barock-Pop lässt A.S. Fanning derzeit viele Musikexperten jubeln. Sein Hamburger Auftritt begeistert bei leider nur mäßigem Zulauf.

Text von Werner Herpell, Fotos von Gérard Otremba

Für einen ausweislich düsterer Texte konsequenten Misanthropen lacht und witzelt A.S. Fanning häufig am Abend des 02.06.2023 im Hamburger Reeperbahn-Club Headcrash. Und das, obwohl das Publikum für seinen wunderbaren „Folk noir“ leider viel zu spärlich tröpfelt (was angesichts der Qualität des Gebotenen umso trauriger ist). Aber Fanning, für Freunde und Eingeweihte nur Stephen, lässt sich die Freude an der Präsentation seines Ende Mai erschienenen dritten Albums nicht nehmen. Und ein Profi, der vor noch so kleiner Fan-Schar voll abliefert, ist der seit langem in Berlin lebende Ire eben auch.

Große Stimme, starke Band

Mit dem Titelsong der auch bei S&B ausführlich gelobten aktuellen Platte „Mushroom Cloud“ geht es gleich mit enormer Wucht los. Fanning singt die dunklen Lyrics mit seiner ausdrucksstarken, vollen Bariton-Stimme, die ihm derzeit viele ehrenvolle Vergleiche mit Scott Walker, Nick Cave oder Richard Hawley einträgt. Und er spielt durchgehend lediglich eine holzbraune akustische Gitarre – weil er sich auf die für den Sound essenziellen elektrischen Saitenkünste seines Nebenmannes verlassen kann: Der Portugiese Bernardo Sousa ist ein As – so wie die Qualität der vierköpfiger Studio- und Live-Band insgesamt herausragend ist.

Im Mittelpunkt steht aber eindeutig der aus Dublin stammende Singer-Songwriter Fanning, der jeden Song des rund 80-minütigen Auftritts mit dunklem Charisma verziert. Seine vernuschelten Ansagen lassen darauf schließen, dass es in den Texten mal um Mental-Health-Probleme, mal um Depressionen und überhaupt ganz viel um „hopelessness“ geht.

Nur wenige Lichtstrahlen

Gerade das neue Werk – sein Opus magnum in jeder Hinsicht – ist nach einer bitteren Trennung und den Pandemie-Erfahrungen so traurig-pessimistisch, dass man nach Lichtstrahlen in der Welt dieses Mannes derzeit lange suchen muss. Lieder wie „Haunted“ oder „I Feel Bad“ tragen ihre Stimmung schon im Titel. Ältere Stücke wie „Carmelita“ vom Debüt „Second Life“ (2017) oder „All Time“ vom Zweitling „You Should Go Mad“ (2020) klingen milder, fast schon beschwingt.

Dass A.S. Fanning aber durchaus (Galgen-)Humor hat, zeigt er mit einem Abba-Zitat („The winner takes it all…“) am Ende eines älteren Liedes über die Bankenkrise. Und der Blick ins überschaubare Auditorium verhagelt ihm die Laune auch nicht. Denn genau diese Leute werden nach dem tollen Hamburger Gig seinen Namen weitertragen, ihre Begeisterung weitertwittern und anderen Musikfreunden empfehlen, zu einem Fanning-Konzert zu gehen.

A.S. Fanning: „All the best!“

Am Ende kaufen einige am Merch-Stand ein – hier gibt es freundlicherweise zu fairen Preisen alle drei Platten des Meisters auf CD und Vinyl (wie übrigens auch bei Bandcamp). Fanning schreibt „All the best!“ vorne drauf. Das wünschen wir ihm auch. Viel Erfolg mit deiner Musik und deiner Performance, Stephen – vielleicht ist das Glas demnächst wieder halb voll statt halb leer.

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