Angel Olsen live in Hamburg 2020 – Konzertreview

Angel Olsen live Hamburg Gruenspan 2020 by Gérard Otremba

Mit einer sechsköpfigen Band bringt Angel Olsen den Breitwand-Pop ihres neuen Albums “All Mirrors“ live in den Hamburger Gruenspan

Mit epochalem Überwältigungspop eröffnet Angel Olsen das Konzert in Hamburg. Der Titelsong ihres im Vorjahr veröffentlichten Albums „All Mirrors“ stand am Anfang der Setlist des fast ausverkauften Auftritts am 05.02.2020 im Gruenspan. Düster-opulenter, pathetischer Breitwand-Filmscore-Pop mit breiten Synthieflächen, voluminösen Beats und Streicherparts. Eine sechsköpfige Band inklusive Cellistin und Geigerin steht Angel Olsen zur Seite, um den orchestralen Klang der Platte in einen adäquaten Bühnenklang zu verwandeln.

Vom Indie-Rock zu opulenten Arrangements

Die Songs des auch bei Sounds & Books rezensierten, vierten Albums der 33-jährigen, amerikanischen Songwriterin nehmen den größten Raum des gut 85-minütigen Konzertes ein und dominieren die erste Hälfte. Das epische und hochdramatische „Lark“, ein nicht minder atemberaubend-pompöses „Impasse“, ein zauberhaft-wehmütiges und ergreifendes „Summer“, und sogar das schwebend-tänzelnde, kammerpopartige, wie bei Weyes Blood an den 70er-Songwriter-Pop erinnernde „Spring“ wird live zu eine spektakulären Angelegenheit. Erstaunlich der Weg, den Angel Olsen zurückgelegt hat, begann ihre Kariere doch einst als Background-Sängerin des Folk-Schrats Will Oldham, aka Bonnie Prince Billy. Vom Indie-Folk über Indie-Rock, hin zu groß angelegten Arrangements. Olsen läßt ihre Vergangenheit u.a. mit einem entfesselten „Shut Up Kiss Me“, einem aufgekratzten „Forgiven/Forgotten“ sowie einem schrammeligen „Sweet Dreams“ wieder aufleben.

Der schönste Song von Angel Olsen als Zugabe

Gelegentlich kommuniziert sie im Verlauf des Abends, der von Meg Duffy, alias Hand Habits, in Trio-Besetzung begonnen wurde, die im Vorprogramm einige Stücke ihres wunderschönen Longplayers „Placeholder“ vortrug, mit dem Publikum, augenzwinkernd und humorvoll. So kündigt sie einen neuen, soeben fertiggestellten Song an, erklärt allen Bandmitgliedern die passenden Akkorde, nur um am Ende in ihren bekanntesten Song „Shut Up Kiss Me“ einzufallen.  Am Ende taucht Angel Olsen das Gruenspan in einen Hort voller bewegender Elegie. Dem zarten „Windows“ folgt das entrückt-traurige „Endgame“. Analog zum Album markieren die dortigen zwei letzten Songs auch den Schlusspunkt ihres Hamburg-Auftritts. Als Zugabe also die Grandezza-Ballade „Chance“, wo Schwermut und Schönheit eine perfekte Symbiose eingehen. Traurige Diven-Musik und auch live der schönste und erhabenste Song, den Angel Olsen bisher geschrieben hat und der passende Ausklang für dieses Konzert.  

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