James Baldwin: Nach der Flut das Feuer

James Baldwin Credit Ullstein Bild Roger Viollet Jean Pierre Couderc

Ein flammendes Plädoyer für humanistische Werte von James Baldwin

Die Wiederentdeckung des amerikanischen Schriftstellers James Baldwin bei dtv erfährt mit „Nach der Flut das Feuer“ seine Fortsetzung. Es ist nach den ebenfalls bei Sounds & Books rezensierten Romanen „Von dieser Welt“ und „Beale Street Blues“ das dritte, wiederum von Miriam Mandelkow neu ins Deutsche übersetzte Buch des 1987 verstorbenen Autors. Der Essayband erschien im Original 1963 und machte Baldwin zu einer wichtigen Stimme der Bürgerrechtsbewegung in den USA. Baldwin nimmt den hundertsten Jahrestag der Sklavenbefreiung als Anlass, seinem nach ihm benannten 15-jährigen Neffen einen Brief zu schreiben, mit dem „Nach der Flut das Feuer“ beginnt.

James Baldwin schreibt rational und leidenschaftlich

James Baldwin Nach der Flut das Feuer Cover dtv

Obwohl der Brief mit der pessimistischen Quintessenz, das Land feiere „hundert Jahre Freiheit hundert Jahre zu früh“ endet, schlägt Baldwin einen kämpferischen Ton an, um seinem jüngeren Verwandten einen Hoffnungsschimmer auf den Weg mitzugeben. Einen Hoffnungsschimmer auf den Weg raus aus New Yorks Ghetto Harlem. New York, der Schmelztiegel der Nationen, in dem Schwarze tagtäglich mit Rassismus jeglicher Art konfrontiert werden. Dort, sowie in den ganzen Vereinten Staaten von Amerika zu Beginn der 1960er-Jahre. Sehr rational legt der zu diesem Zeitpunkt bereits anerkannte Autor die Verhältnisse dar, doch schwingt in seiner Sprache stets ein leidenschaftlicher Ton mit, der immer noch aufwühlt und Mut erzeugt. Im zweiten Essay, „Vor dem Kreuz“, berichtet James Baldwin von seiner Jugend, in der er den Verlockungen der Straße durch die Religion entkam.

Ein zeitlos wichtiges Buch

Er wurde zu einem rhetorisch begabten Laienprediger, der in Harlem Popularität genoss, in Rivalität zu seinem als Baptistenprediger auftretenden Stiefvater stand, diesen gar ausstach und sich später voller Zweifel von der Kirche lossagte. Ein von ihm bereits im Debütprosawerk „Von dieser Welt“ vortrefflich thematisierter Stoff. Eben so wenig konnte sich Baldwin mit der religiös-politischen „Black Muslim“-Bewegung anfreunden, die ihm in ihrer Radikalität zu fanatisch erschien und auf die er im weiteren Verlauf des Essays ausführlich eingeht. Dort, wo es seiner Meinung nach zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft gekommen wäre – die „Black Muslims“ propagierten einen eigenständigen Schwarzen Staat in den USA – plädierte er für die Überwindung des Rassismus durch die gemeinsame Freiheit weißer und schwarzer Menschen. Mit „Nach der Flut das Feuer“ hat uns James Baldwin ein flammendes Plädoyer  für die humanistischen Werte einer auf Liebe und Verantwortung basierenden, gerechten Gesellschaft hinterlassen. Ein zeitlos wichtiges Buch.

James Baldwin: „Nach der Flut das Feuer“, dtv, aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow, Hardcover, 128 Seiten, 978-3-423-28181-2, 18 € (Beitragsbild: Credit Ullstein Bild, Roger Viollet, Jean Pierre Couderc).

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