Lilly Among Clouds live in Hamburg 2019

Lilly Among Clouds live in Hamburg 2019 Mojo Club by Gérard Otremba

Demütig in den Ansagen, gereift in der Performance: Lilly Among Clouds verzaubert das Hamburger Publikum im Mojo Club

Spätestens als Lilly Among Clouds „Look At The Earth“ anstimmte, sollte jedem der im Mojo Club anwesenden Gäste klar geworden sein, wie viel Hitpotential hinter den Songs der in Würzburg lebenden Songwriterin steckt. Anzunehmen, dass diese mit dem Wissen darum den Weg zum Konzert von Lilly Among Clouds an diesem trüben Dezemberabend ins Hamburger Mojo auf sich genommen haben. Erstaunlicherweise haben Lillys Kompositionen noch nicht den endgültigen Durchbruch geschafft, aber immerhin verhalf dann wohl auch der dritte Platz beim diesjährigen ESC-Vorentscheid zum Locationwechsel von der Prinzenbar, wo Lilly Among Clouds vor zwei Jahren gastierte, in den ungleich größeren Club am Fuße der „Schiefen Türme“ auf der Reeperbahn.

Der überwältigende Pop von Lilly Among Clouds

Nach fast dreiwöchiger Pause nahm Lilly Brüchner am 11.12.2019 mit ihrer dreiköpfigen Herrenband die Tour zum aktuellen, bei Sounds & Books besprochenen Album „Green Flash“ wieder auf. Die zahlreich erschienenen Fans im gut gefüllten, aber nicht ganz ausverkauften Mojo Club, die im Vorprogramm durch den australischen Songwriter Mark Lang behutsam, amüsant, überaus kommunikativ und höchst sympathisch an den Hauptact herangeführt worden sind, bekamen ein 90-minütiges Pop-Fest geboten. Überwältigende, an Florence + The Machine erinnernde Songs wie der Konzert-Opener „Closeness“ oder das perkussive „Boy“ standen bewegenden Balladen wie „Underneath The Surface“ und „Safer In Your Arms“ gegenüber. Lilly Brüchner denkt in großen Dimensionen. Der Breitwandpop von „Look At The Earth“ hinterließ einen imposanten Eindruck, das quirlige „The Only One“ hat ohnehin die Catchyness, die ein Riesenhit eigentlich benötigt, und das Baroque-Pop-artige „Girl Like Me“ verzückte zutiefst. Lillys Faustpfand, diese sensationelle und atemberaubende Stimme, kam im als Tori-Amos-Gedächtnis-Solo-Piano-Version vorgetragenen „Surprise“ am schönsten und ergreifendsten zum Tragen. Und erhielt verdientermaßen einen sehr langanhaltenden Applaus.

Grandezza-Pop und emotionale Höhepunkte

In ihren Ansagen wirkte sie immer noch sehr schüchtern, zurückhaltend und demütig, in ihrer Performance gewachsen und gereift. Sie zitierte Konfuzius und gedachte all denjenigen Menschen, die, wie sie persönlich ebenfalls, andere in der Zeit einer chronischen Erkrankung wie der Depression unterstützen. Mit dem berührenden Grandezza-Pop von „Your Hands Are Like Home“ verabschiedete sich Lilly Among Clouds, bevor ein noch unfertiger Song den Zugabenteil eröffnete, der mit „Blood & History“ – bei Sounds & Books schon vor vier Jahren zum Song des Tages gekürt – einen weiteren emotionalen Höhepunkt bereithielt. Am Ende der Setlist stand dann noch der Groove von „Wasting My Time“ (noch so ein Hitkandidat) im Mittelpunkt, den Lilly mittlerweile genauso gut beherrscht wie die wehmütigen Balladen. Lilly Brüchner wird von Jahr zu Jahr charismatischer und brachte den Sonnenschein in die Herzen der an diesem Tag vom Dauerregen geplagten Hamburger Fans.

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