MS Dockville 2019: Das musikalische Multitalent

MS Dockville Pressefoto Axel Schilling

Das MS Dockville 2019 präsentierte mit Billie Eilish einen neuen Superstar und ein Programm voller Geheimtipps

Die großen Festivals bedienen heute eigentlich jedes Genre. Selbst bei Rock am Ring stehen selbstverständlich Künstler wie Alligatoah, Alle Farben und Bonez MC auf den Bühnen. Jeder will jeden anlocken und setzt immer wieder auf dieselben sicheren Zugpferde und Mainstream-Musik.  

Ganz viele Festivals entwickeln sich zu diesen Freunden, die sagen, dass sie im Grunde alles hören und damit meinen, dass sie gar keinen Musikgeschmack haben. Auch das MS Dockville hört fast jedes Genre – das Dockville kennt sich aber auch noch damit aus. Es ist die Freundin, die man eigentlich zu jedem Genre nach Geheimtipps fragen kann und die gleichzeitig nicht naserümpfend jeden Künstler mit mehr als tausend Hörern als zu Mainstream ablehnt.

Der bestbezahlte Voract

Dabei verlief der erste Festival-Tag ganz dockville-untypisch, schließlich gab es für viele ausnahmsweise nicht das übliche Herumwandern von Bühne zu Bühne und den fast chaotisch wirkenden Genremix. Stattdessen gab es einen Fixpunkt, den fast alle sehen wollten: Billie Eilish. Ein absoluter Glücksgriff des Dockville-Teams, das die 17-Jährige bereits im Januar als erste Headlinerin ankündigte. Damals war sie bereits groß, aber spätestens seit ihrem Debütalbum im März fällt sie definitiv in die Kategorie Megastar.

Dementsprechend verharrten viele junge Mädchen schon vom frühen Nachmittag an vor der Mainstage, feierten Juju und Bausa und ließen RIN über sich ergehen. Eigentlich auf Platz zwei der Headliner-Liste dieses Jahr, war der Auftritt für RIN wohl eher ernüchternd – während weiter hinten seine Fans abgingen, waren die ersten Reihen voller Billie-Eilish-Fans, die außer bei den größten Hits nur verhalten mitwippten. Er muss sich wie der bestbezahlte Voract dieses Festivalsommers gefühlt haben.

Als um zehn Uhr dann Billie Eilish auf die Bühne kam, entlud sich all die Vorfreude – und mindestens die ersten Reihen ließen sich von der Ekstase und Begeisterung des Superstars mitreißen. Oder schwappte die Ekstase des Publikums auf Billie rüber? Egal, denn die meisten werden gemerkt haben, dass man hier einem der aktuell größten Stars der Welt lauscht.

Mehr als Billie Eilish

Trotz Billies Strahlkraft wird es dem MS Dockville 2019 aber nicht gerecht, nur auf Billie Eilish reduziert zu werden – selbst am Freitag. Auch an anderen Ecken des Festivals gab es Hochkaräter wie Meute, Parcels oder Tua zu hören. Und jeder fand sein Publikum. Besonders stark war auch das Line-Up vorm Butterland, der viertgrößten und etwas abseits gelegenen Stage. Schon am Nachmittag versammelte sich vor der Disco-House-Live-Band Volker eine tanzwütige Meute. Später lauschten sie dem außergewöhnlichen Pop von Tristan Brusch, um dann von dem syrisch-deutschen Electro-Projekt Shkoon in die Nacht gebracht zu werden.

So lassen sich für jeden Festivaltag diese Genrereisen aufzeigen – man könnte fast beliebig auf den Zeitplan tippen und würde immer parallel Geheimtipps oder Stars verschiedener Genres finden. Genauso auch am Samstagabend, wo britischer Concious Rap von Loyle Carner den Vorschot füllt, während die Indierock Newcomer Giant Rooks vor erstaunlicher Kulisse den Großschot bespielen und sich der experimentelle Electro-Künstler Yves Tumor für seinen Auftritt im Maschinenraum bereit macht. 

Ein buntes Programm beim MS Dockville 2019

Einmal mehr hat es das MS Dockville so geschafft, trotz der vermehrten Aufmerksamkeit auf ihren einen Superstar ein buntes Programm voller Geheimtipps zusammenzustellen. Nach jedem Festivaltag saß ich am Handy und las mir Biografien von Künstlern durch, die ich vorher nicht auf dem Schirm hatte – aus Genres, die ich nur sehr selten höre. Ich will noch häufig auf die gute Freundin Dockville mit ihrem unerschütterlichen Musikgeschmack zurückkommen können – auch nach dem Auslaufen der Verträge mit der Stadt Hamburg im Jahr 2022. Für den Vibe, für die Offenheit, für die Nähe zur bildenden Kunst, aber vor allen Dingen für die Musik.

(Beitragsbild: Pressefoto, Axel Schilling, Archiv)

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