Klaus Johannes Thies: Aus meinem Fenster – Parkplatz-Rhapsodien

Klaus Johannes Thies credit Silke Hennig

Die Indiebookchallenge bei Sounds & Books mit Klaus Johannes Thies

Sounds & Books beteiligt sich an der Indiebookchallenge, die die beiden Indiebookdays 2018 und 2019 verknüpft. Von den vorgeschlagenen Themen suchte ich mir die „Buchhändlerempfehlung“ heraus und begab mich zu diesem Zweck in die Hamburger Buchhandlung Cohen + Dobernigg und bat Mitbesitzerin Daniela Dobernigg um ihre Tipps aus unabhängigen Verlagen. Und so verließ ich die Buchhandlung mit „Aus meinem Fenster – Parkplatz-Rhapsodien“ von Klaus Johannes Thies, eine Lektüre, an der ich meine helle Freude hatte. Herzlichen Dank Daniela für diese schöne und besondere Empfehlung.

Ein Parkplatz in Bremen

Klaus Johannes Thies Aus meinem Fenster Buchcover Edition Azur

„Aus meinem Fenster – Parkplatz-Rhapsodien“ von Klaus Johannes Thies ist ein schmales, bei Edition Azur erschienenes Bändchen von knapp 100 Seiten, das Eintragungen zwischen den Jahren 2005 und 2018 enthält. Es sind Prosaminiaturen, die primär Beobachtungen aus dem Fenster eines weniger charmanten Hauses, irgendwo in Bremen enthalten. Bereits seit 1987 betrachtet der Erzähler, von dem wir wenig Biographisches erfahren (er ist seit eben jenem Jahr mit seiner jetzigen Frau zusammen, denkt immer wieder mit Schwermut an seinen verstorbenen Vater und macht hin und wieder Urlaub),  den Parkplatz vor dem Haus aus seinem Küchenfenster. „So lange kenne ich den Parkplatz. Immer wenn ich in der Küche zu tun habe, fällt mein Blick auf ihn. Wenn ich Kaffee mache, wenn ich warte, wenn ich nichts zu tun habe, wenn ich döse… und heute Morgen dachte ich, ich könnte doch mal über ihn schreiben, denn inzwischen ist er fast schon ein Freund.“ Und wie einen Freund behandelt er diesen Parkplatz. Mit Aufmerksamkeit und der Liebe zum Detail.

Klaus Johannes Thies, der feinsinnige Stilist

Mit besessenem Eifer zählt er die täglich parkenden Autos und leeren Stellplätze, gibt Auskunft über die einzelnen Modelle, über die Veränderungen auf der Werbetafel, über das Wetter, über den Zustand der umstehenden Bäume, über die angrenzende, dreispurige Straße und beschreibt die Menschen, über deren Privatleben er spekuliert, mit einem neugierigen Blick. Aus dem engen lokalen Bezug trennt sich der Erzähler mit Gedanken zu zeitgenössischen Themen wie der Abwrackprämie oder einem Exkurs über George Perec, der einst Notizen aus einem Café heraus über das Treiben auf dem Platz davor schrieb. Der 1950 geborene, in Bremen und Berlin lebende Klaus Johannes Thies ist ein feinsinniger Stilist, der mit seinen Rhapsodien einen Roman zu ersetzen vermag. „Perec tut immer etwas, womit man nicht rechnet“, fasst der Erzähler an einer Stelle zusammen. Dies tut Klaus Johannes Thies ebenfalls. Lassen Sie sich überraschen, sie werden von dieser Literatur begeistert sein.

Klaus Johannes Thies: „Aus meinem Fenster – Parkplatz-Rhapsodien“, Edition Azur, Broschur, 2 Fotostrecken, 92 Seiten, 978-3-942375-33-7, 18,90 € (Beitragsbild von Silke Hennig).

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