Herbert Grönemeyer: Tumult – Albumreview

Herbert Grönemeyer Fotocredit Antoine Melis

Herbert Grönemeyer fängt den Zeitgeist ein

Klimawandel, Rechtsruck, Fake News, Werteverfall: Die Zeiten sind unruhig und nervös. Hoffnungsschimmer gibt es nur wenige. Genauso wie Vorbilder. Herbert Grönemeyer könnte so einer sein. Einer, der auf der richtigen Seite steht und den Problemen ein starkes Gefühl entgegenstellt, um uns zu zeigen, dass wir nicht alleine sind und dass die Liebe am Ende siegen wird. „Tumult“ soll „Musik zur Zeit“ sein. Ein „hoch politisches Werk“, das „die Lage beschreibt, in der wir leben“, wie es das PR-Blatt formuliert, das diesem Tonträger beigelegt ist. Und es stimmt ja: Wer, wenn nicht Herbert Grönemeyer, könnte dazu in der Lage sein, die Stimmung in Deutschland zu vertonen? Ist ihm mit „Männer“, „Chaos“ oder „Mensch“ und „Ein Stück vom Himmel“ ja schon mal gelungen.

Songs für die Reflexion

Herbert Groenemyer Tumult Cover Vertigo UniversalUm es vorweg zu nehmen: Um die um sich greifende Ohnmacht zu bekämpfen, ist „Tumult“ zu brav, zu verhalten, zu besonnen geraten. Eine „Revolution der Anständigen“ wird Herbert damit nicht auslösen. Aber vielleicht ist das ja gar nicht das Ziel. Zur Reflexion eignen sich die 13 Songs + 5 Bonus-Tracks der CD-Version allemal. Mit dem ihm typischen Pathos formuliert Grönemeyer Zeilen wie etwa „Keinen Millimeter nach rechts / Verständnis ist nie schlecht / Aber kein Millimeter nach rechts / Es ist ein Geistesgefecht“ in „Fall der Fälle“. Und weiter: „Es wird laut gedacht / Alles ist erlaubt / Es lallt und hallt von überall“. In „Taufrisch“ wiederum heißt es „Wir laufen uns hinterher / Denken nicht mehr quer. / Wer drückt den Pausenknopf?“. Es sind Reaktionen auf Hate Speeches und Echokammern, auf die Daumen rauf, Daumen runter-Mentalität und das gesellschaftliche Antwortsyndrom. An anderer Stelle schwört Grönemeyer die Gemeinschaft ein: „Bist du da, wenn zuviel Gestern droht / Wenn wir verrohen, weil alte Geister kreisen“ (in „Bist du da“).

Herbert Grönemeyer und der Mut zur großen Geste

Auch in der Musik spiegelt sich der Mut zur großen Geste. Es gibt Chöre und Orchester und ansonsten einen wilden Stil-Mix. Der Opener „Sekundenglück“ ist moderner Pop, „Taufrisch“ hat einen karibischen Rhythmus, „Mein Lebensstrahlen“ melancholischer Ambient, „Doppelherz/Iki Gönlüm“ integriert Elemente türkischer Musik, „Warum“ ist warmherziger und tröstender Gospel, „Leichtsinn und Liebe“ R’n’B, „Der Held“ moderner Mambo, „Wartezimmer der Welt“ ist die obligatorische Piano-Ballade. Und so wechseln Grönemeyer und seine Band mit jedem Song ihre Erscheinung. Das ist kurzweilig und hält die Spannung hoch.

Der vertonte Zeitgeist

„Tumult“ ist eine Mischung aus mobilisierendem Politik-Pop, intimen Liebesliedern und netten Belanglosigkeiten. Ein typisches Grönemeyer-Album also. Im Kontext seiner letzen Alben aber ist „Tumult“ eine deutliche Leistungssteigerung. Die Stücke sind fein auskomponiert, geschmackvoll produziert und gut gespielt. Und wenn man sich auch etwas mehr Wut gewünscht hätte: Auch den Zeitgeist hat Grönemeyer mal wieder gut eingefangen. Vielleicht war er nie wichtiger als jetzt.

Tumult“ von Herbert Grönemeyer erscheint am 09.11.2018 bei Vertigo / Universal Music (Beitragsbild von Antione Melis).

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Kommentare

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