Reeperbahn Festival 2018: Die VUT Indie Awards und Mikaela Davis

Reeperbahn Festival 2018 Mikaela Davis by Gérard Otremba

Zweiter Tag beim Reeperbahn Festival 2018 mit den VUT Indie Awards und einer wunderbaren Harfenistin

Der zweite Tag des diesjährigen Reeperbahn Festivals bot für Sounds & Books zwar weniger Live-Musik, stattdessen jedoch zahlreiche Preise. Zum sechsten Mal verlieh der Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V. (VUT), der dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert, die Indie Awards, die Kritikerpreise der unabhängigen Musikbranche an herausragende Talente aufgrund von Qualität und Originalität, unabhängig vom kommerziellen Erfolg. Zum ersten Mal gehörte ich als Redakteur von Sounds & Books zu der mehr als 200 Personen umfassenden Jury. zu den „Profis“ also, wie Nina Fiva Sonnenberg und Rocko Schamoni während ihrer unkonventionellen und launigen Moderation im Schmidts Tivoli stattgefunden Preisverleihung, die mit einer vom starken Applaus begleiteten Rede von Dr. Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien) begann, süffisant bemerkten, die im Vorfeld fleißig Punkte für die uns auf Listen zur Verfügung gestellten Vorschläge verteilten.

Die Gewinner der Indie Awards

In der Kategorie „Beste_r Newcomer_in“ setzte sich die israelische Musikerin Noga Erez durch. Als „Bestes Album“ wurde Trettmann für „#DIY“ ausgezeichnet, als Siegerin in der Sparte „Bester Act“ ging die aus Australien stammende und in Berlin lebende Kat Frankie (deren aktuelles, im Februar veröffentlichtes Album Bad Behaviour bei Sounds & Books besprochen worden ist) hervor. Laudator Olli Schulz lobte Frankie mit den Worten: „Sie gibt euch nicht das, was ihr wollt, sondern das, was ihr braucht.“ In der Kategorie „Bestes Label“ holte sich Maurice Summen von Staatsakt zum zweiten Mal den Preis ab. Als „Bestes Experiment“ wurde Charly Hübners Film über Monchi von Feine Sahne Fischfilet, „Wildes Herz“, gewählt.

Die Via Indieaxt für die Politikerin Helga Trüpel

Die VIA Indieaxt für besondere Verdienste für die unabhängige Musikbranche, die vom VUT-Vorstand und der Geschäftsstell gemeinsam vergeben wird, ging dieses Jahr an Bündnis 90/Die Grünen-Politikerin Helga Trüpel (Mitglied des Europäischen Parlaments), die aufgrund einer Auslandsreise von ihrem Assistenten Emanuel Herold vertreten wurde, der den Preis von Nikel Pallat (Ton Steine Scherben) entgegennahm, auf den die Vergabe der Indieaxt zurückgeht, da er 1971 in der Fernsehsendung „Ende offen“ mit einer Axt den dortigen Tisch zertrümmerte. Die etwas holprig startende Veranstaltung endete dann doch soweit pünktlich, dass ein Besuch des Mikaela Davis-Konzertes im Angie’s Nightclub für mich möglich war, ohne wichtige Teile der für die Musikbranche  wichtigen Verleihung zu verpassen.

Mikaela Davis beim Reeperbahn Festival

Die aus Rochester, New York, stammende Mikaela Davis hat im Juli mit Delivery eines der intensivsten Alben des Jahres veröffentlicht. Die Songs dieses Debüts brachte sie den Besuchern mit ihrer dreiköpfigen Herrenband (Gitarre, Bass, Schlagzeug) auf dem Reeperbahn Festival näher. Mit dem dramatischen Titelsong „Delivery“ begann das Konzert der talentierten Songwriterin, hier noch stehend am Keyboard, bevor sie anschließend zumeist ihr Hauptinstrument, die Harfe bediente. Die Vielfalt ihrer Lieder funktionierte auch live ganz wunderbar. Ob der funky Blues „Get Gone“, der mit viel Popappeal ausgestattete Roots-Rock von „Little Bird“, der kristallklare Indie-Pop von „Do You Wanna Be Mine?“, das stille, allein an der Harfe vorgetragene  Kleinod „Emily“, das zwischen Lieblichkeit und Opulenz changierende „A Letter That I’ll Never Send“ oder die am Ende in psychedelische Gefilde abdriftende Rockballade „All I Do Is Disappear“, alle Songs kamen beim Publikum gut an. Den Namen Mikaela Davis sollte man im Gedächtnis behalten.

 

Kommentar schreiben