Marc Sinan und Oguz Büyükberber: White – Album Review

Marc Sinan by Johanna Diehl

Marc Sinan und Oguz Büyükberber geben der Revolution auf „White“ einen neuen Ausdruck

Marc Sinan kommt eigentlich aus der Klassik. Der Sohn einer türkisch-armenischen Mutter und eines deutschen Vaters spielte seine Gitarre bereits als Solist mit dem Royal Philharmonic Orchestra sowie dem Georgischen Kammerorchester. Seit seiner Tournee „From Istanbul To Buenos Aires“ (2002) mit Burhan Öçal arbeitet Sinan immer wieder auch mit Musikern anderer Genres zusammen – und verschmelzt dabei Klassik mit Elementen des Jazz und der Weltmusik. Für ECM nahm er bereits das stimmungsvolle „Hasretim: Journey To Anatolia“ auf, auf dem er die Dresdner Sinfoniker mit traditionellen Musikern aus der Türkei und Armenien vereint.

Marc Sinan Oguz Büyükberger White Albumcover ECM RecordsUnter ihnen war auch der Klarinettist Oguz Büyükberber, der traditionelle türkische Musik spielt und für sein luftiges, dynamisches Spiel bekannt ist. Für „White“ haben sich die beiden ein besonderes Konzept überlegt. „Die Lieder haben alle einen revolutionären Hintergrund oder eine revolutionäre Atmosphäre sowie eine Gebrochenheit, die man spürt, wenn man sich die Originalaufnahmen anhört. Ich reagiere auf den musikalischen Inhalt und den emotionalen Ausdruck in den Liedern, mache die Gefühle, die in mir ausgelöst werden, hörbar und teile meine eigene Wahrnehmung von ihnen, indem ich sie in den Mittelpunkt meiner Kompositionen stelle“, sagt Sinan. Herzstück des Albums ist das fünfteilige „Upon Nothingness“, das als musikalische Reaktion auf Aufnahmen von Liedern armenischer Gefangener gedacht ist, die während des Ersten Weltkriegs nach Deutschland deportiert wurden. Sinan hat die Field Recordings in die Textur seiner Stücke eingearbeitet.

Der Ton ihrer Musik erzeugt während der gesamten Aufnahmen hindurch eine fesselnde Atmosphäre. Dazu trägt auch der wohldosierte Einsatz elektronischer Elemente bei. So erhalten die Kompositionen immer wieder einen surrealen Charakter. Dass Büyükberber sich viel mit Eric Dolphy beschäftigt hat, wird an vielen Stellen deutlich. Ansonsten sind Verlinkungen zur Musikgeschichte eher in Andeutungen zu erkennen. „White“ ist sehr eigenständig, neu und nicht zuletzt genau deshalb eine faszinierende Hörerfahrung.

„White“ von Marc Sinan und Oguz Büyükberber ist am 18.05. 2018 bei ECM Records erschienen (Beitragsbild: Marc Sinan by Johanna Diehl).

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