Peter Stamm: Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt – Roman

Peter Stamm Fotoy by Gaby Gerste

Ein anmutiger und geheimnisvoller neuer Roman von Peter Stamm

1998 schrieb Peter Stamm den Roman Agnes, zwanzig Jahre später greift der Schweizer Schriftsteller die „Wer erzählt mein Leben“-Frage seines Debüts wieder auf und begibt sich in seinem novellenartigen neuen Roman Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt auf eine neue Spurensuche mit Motiven der Romantik. Der Schriftsteller Christoph, der in seiner Karriere nur einen einzigen Roman geschrieben hat,  tritt mit der Schauspielerin Lena in Kontakt und bittet um ein Treffen. Nur Ort und Zeit sind bekannt, die Protagonisten kennen einander nicht. Oder vielleicht doch?

Peter Stamm Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt Buchcover S.Fischer VerlagDie beiden begegnen sich und Christoph erzählt Lena die Geschichte über die Zeit mit seiner großen Liebe Magdalena, die starke Parallelen zu Lenas eigenem Beziehungsleben aufweist. Vor einigen Jahren hat Christoph bereits Lenas jetzigen Freund Chris kennengelernt und in ihm sich selbst als jüngere Person wiederentdeckt. Nicht nur die Namensgleichheit, auch äußere Merkmale waren für ihn von verblüffender Ähnlichkeit. Wie er, war auch Chris angehender Literat, und wie Lena jetzt, war auch seine Magdalena damals Schauspielerin. Selbstverständlich hat Christoph in Lena seine ehemalige Partnerin in jungen Jahren erkannt, seine Erzählung öffnet Lena die Augen über ihren aktuellen Lebensabschnitt. Peter Stamm wandelt traumhaft sicher zwischen Realität und Fiktion. Realität und Fiktion in Christophs leben, denn worin unterscheidet sich Christophs erlebte von der erfundenen Wahrheit? Sind einige Passagen gar Traumsequenzen? Über den ganzen Roman hinweg bleibt es verworren und nebulös, Antworten gibt Peter Stamm keine und genau das macht den Reiz dieses Buches aus.

Mit seinen Romanen An einem Tag wie diesem (2006), Sieben Jahre (2009) sowie Weit über das Land (2016) stand der mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnete, 1963 geborene Peter Stamm bereits auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis und es wird Zeit, ihm diesen Preis endlich zu verleihen, denn Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt ist ein anmutiger, lakonischer, fragiler und geheimnisvoller Roman und mit seiner gewohnt klaren, schnörkellosen und feinsinnigen Prosa entwirft Peter Stamm ein faszinierendes, doppelbödiges Vexierspiel über Identitäten, die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe, sich scheinbar wiederholender Lebensentwürfe und wirft existenzielle, die Zukunft verändernde Fragen für seine Figuren auf. Und erfindet den womöglich poetischsten Romantitel des Jahres.

Peter Stamm, „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“, S. Fischer, Hardcover, 160 Seiten, 978-3-10-397259-7, 20 € (Beitragsbild: Peter Stamm, Fotocredit: Gaby Gerster).  

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