Jonathan Wilson: Rare Birds – Album Review

Jonathan Wilson credit Andrea Nakhla

Weniger Folk-Rock als auf Fanfare, aber wieder ein formidables Jonathan Wilson-Album

Jonathan Wilsons Album Fanfare war ein Wunderwerk. Ein exquisiteres Folk-Rock-Album als die im Oktober 2013 veröffentlichte letzte Platte des nunmehr 43-jährigen, in Los Angeles lebenden Songwriters hat der Musikmarkt in den letzten zehn Jahren nicht erlebt. Stand die Wiederbelebung des Westcoast-Rock-Sounds (mit allerlei Ausflügen in Prog-Rock-Gefilde) im Vordergrund von Fanfare, so dreht Jonathan Wilson auf Rare Birds den Spieß um. Crosby, Stills, Nash & Young sowie Tom Petty sind als Referenzen Schnee von gestern, aber dass Wilson als Gitarrist und Keyboarder auf Roger Waters‘ letztem Album mitwirkte und den ehemaligen Pink Floyd-Kopf auf der anschließenden Tour begleitete, ist deutlich hörbar.

Jonathan Wilson Rare Birds CoverVom Westcoast-Folk-Rock kann Wilson natürlich trotzdem nicht lassen, und das ist auch gut so, denn sonst wäre das schwelgerische „There’s A Light“ nicht zustande gekommen. „There is a feeling in the California air“, singt Jonathan Wilson, die Steel Pedal jubiliert, die Lucius-Schwestern singen beseelt im Chor, ein berauschend-euphorischer Track, vorwärtspreschend und zugleich sehnsüchtig, mit viel Pop-Appeal versehen. In den 70ern wäre „There’s A Light“ ein Top-Ten-Hit geworden. Es ist einer von nur drei Songs mit einer Lauflänge knapp unter fünf Minuten, ein potentieller Single-Auskopplungskandidat also. Ähnlich wie Fanfare ist auch Rare Birds ein formidables Album geworden. Die Ballade „Sunset Blvrd“ ist die hohe Father John Misty-Schule (dessen Album Pure Comedy Wilson produzierte), der Titeltrack „Rare Birds“ ist ein Psychedelic-Pop-Rock-Glanzstück mit reichlich verzerrten Gitarren und „Me“ schwankt zwischen John Lennon und frühe Roxy Music.

Der Album-Beginn mit „Trafalgar Square“ ist lupenreiner Pink-Floyd-Psychedelic-Prog-Rock in Jonathan Wilson-Art und das raumgreifende, achtminütige „Over The Midnight“ tendiert phasenweise ebenso wie „Living With Myself“ in Richtung The War On Drugs. In „Hard To get Over It“ verliert sich Wilson im 80er-Synthe- und Drum-Computer-Rock, während „Hi Ho To Righteous“ zwischen Country- und Art-Rock changiert, sich aber letztlich für den mühsameren Art-Rock entscheidet. Ein großer Höhepunkt von Rare Birds ist das elegische, achteinhalbminütige „Loving You“ mit den klagenden Backing Vocals von Laraaji, bekannt geworden durch die Ambient-Serie Brian Enos. Jonathan Wilson ist ein anspruchsvoller Songwriter, der manchmal fast überambitioniert wirkt, aber mit feinen Ideen gesegnet ist, von denen viele auf Rare Birds genial umgesetzt werden.

„Rare Birds“ von Jonathan Wilson erscheint am 02.03.2018 bei Bella Union / PIAS / Cooperative Music (Beitragsbild: Jonathan Wilson by Andrea Nakhla).

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