Ezra Furman: Transangelic Exodus – Album Review

Ein aufregendes neues Ezra Furman-Album

Es sei zwar kein Konzept-Album, lässt Ezra Furman wissen, aber doch „eine Erzählung, oder Sammlung von Geschichten zu einem Thema, eine Kombination aus Fiktion und Halbbiographie“. Ezra Furmans neues Album Transangelic Exodus, das er mit seiner nun The Visions heißenden Begleitband, immer noch bestehend aus Jorgen Jorgensen (Bass, Cello), Ben Joseph (Keyboard, Gitarre), Sam Durkes (Schlagzeug, Percussion) und Tim Sadusky (Saxophon und Produktion), in dessen Ballistico Studio im heimatlichen Chicago eingespielt hat, kreist um die Topoi Liebe, Sexualität, Gender, Religion und Verletzungen.

Als roter Leitfaden dient die Story von Furmans Liebe zu einem Engel, der aber kein Engel der christlichen Mythologie ist, sondern ein Mensch, dem Flügel durch einen operativen Eingriff aufgesetzt worden sind. Da die Menschen jedoch diese Engel als unnatürlich und mit Abscheu betrachten, werden sie verboten, Furman begibt sich mit seinem Geliebten auf die Flucht und entwickelt ein Roadmovie der besonderen Art. Musikalisch plündert Ezra Furman zahlreiche Genres der letzten Jahrzehnte, ohne in billiges Plagiat abzudriften. Der Opener „Suck The Blood From My Wound“ ist gewaltig, eine Art Indie-Ausgabe Bruce Springsteens, mitreißend und vor Dynamik berstend. Barmend und verzweifelt erzählt und schreit Furman die Flucht nach Los Angeles in „Driving Down To L.A.“, eine stimmungsvolle und wechselhafte Ballade, zart-traurig und wild-wütend.

Einsamkeit und innere Anspannung evoziert das Cello-lastige, gesangstechnisch teils verfremdete „God Lifts Up The Lowly“, während das geklöppelte „No Place“ fanfarenartig und mit nervöser Unruhe über einen hereinbricht und „The Great Unknown“ im besten Jonathan Richman-70er-Jahre-Songwriting erklingt. Die Atmosphäre der Bedrohung, der Angst und der inneren Qualen fängt Ezra Furman perfekt ein, man höre nur mal das verstörende, Tom Waits-artige „Come Here Get Away From Me“. Wesentlich euphorischer und fröhlicher kommen allerdings „Love You So Bad“ und der Abschlusstrack „I Lost My Innocence“ daher. Die 13 Songs auf Transangelic Exodus sind unglaublich abwechslungsreich, gespickt mit zahlreichen Überraschungen und fordern unzweifelhaft zum konzentrierten Hören heraus. Aber es lohnt sich. Transangelic Exodus ist nicht nur eine wichtige Positionierung in der internationalen Genderpolitik, sondern ein aufregendes neues Ezra Furman-Album.

„Transangelic Exodus“ von Ezra Furman erscheint am 09.02.2018 bei Bella Union / PIAS Cooperative Music (Beitragsbild: Albumcover).

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Kommentar schreiben