Olli Schulz: Scheiß Leben, gut erzählt – Album Review

Olli Schulz by Jenna_Dallwitz

Der ehrliche und selbstironische Olli Schulz

Ja, das kann er, der Olli Schulz. Gut erzählen, gute Texte schreiben. Und Olli Schulz verpackt seine Lyrics auch noch in sauinteressante Musik. Bereits sein letztes Album Feelings aus der Asche war sein bis dato abwechslungsreichstes, seine neue Platte Scheiß Leben, gut erzählt übertrifft ihren Vorgänger wohl sogar noch. „Scheiß Leben, gut erzählt“ ist das siebte Album (drei als Olli Schulz und der Hund Marie) des 1973 in Hamburg geborenen und in Berlin lebenden Songwriters, der in der Zwischenzeit durch Fernsehauftritte bei Circus HalliGalli sowie Schulz & Böhmermann seinen Bekanntheitsgrad auf andere mediale Weise zu steigern wußte.

Schulz nimmt den Faden von Feelings aus der Asche auf, versammelt eine illustre Gästeschar um sich – am von Moses Schneider produzierten Longplayer wirkten u.a. Gisbert zu Knyphausen, Olli Dittrich, Bjarne Mädel, Linda Zervakis und Ali As mit – und benötigt keine halbe Stunde für seine zehn neuen Songs. Mit „Schockst nicht mehr“ beginnt Olli Schulz seinen neuen Songreigen, Sprechgesang und ein legerer und lauernder Groove zwischen Nils Koppruch und Element Of Crime schmeicheln sich beim Hörer ein, bis der Song im letzten Drittel eskaliert und seine Schockwirkung nicht verfehlt. Koppruchs experimentelle Phase seiner früheren Band Fink fällt einem auch für „Ganz große Freiheit“ als Vergleich ein, wenn Schulz die Story des smarten Businessmanns und seiner „schönen, skinny bitch“ erzählt: „Am Anfang waren sie so verliebt, dann begann der Psychokrieg / Sie wollten ihre Träume teilen, heute spielen sie Borderline / Fühlen sich leer und ausgebrannt und haben beide längst erkannt, wir haben uns verrannt“. Der Flow betörend und Prince-artige Gitarren gibt es obendrein.

„Ambivalent“ dann ein leuchtender, funky Disco-HipHop mit selbstironischen Text. Fanfarenartig und gut gelaunt kommt „Wölfe“ daher („mit dir würd‘ ich gern schweben, ich hab‘ ewig nicht mehr gekifft“), auf Bluegrass, Blues und überbordenden Pop basiert „Wachsen (im Speisesaal des Lebens)“, während der charmante Songwriter-Folk-Pop in „Junge Frau sucht…“ sich als der Song mit viel Hitpotential erweist. Piano und akustische Gitarre reichen Olli Schulz  als Begleitung für „Skat spielen mit den Jungs“, einem entzückenden Liedermacher-Kleinod über die letzte Verflossene.

Bissig und spottend erleben wir Olli Schulz anschließend im fetten Rap „Sportboot“ und bei „Schmeiß‘ alles rein“ findet er den goldenen Mittelweg zwischen Andreas Dorau und Nils Koppruch, überwältigender Pop. Die Ehrlichkeit des Olli Schulz im kurzen, von Gitarre, Percussion und Trompete begleiteten, keine zwei Minuten dauernden Abschlusstracks „Schmeck wie…“ ist umwerfend und vielleicht durfte auch nur Olli Schulz als Kind seiner Oma sagen, dass ihre Erbsensuppe „schmeckt, wie Pisse riecht“ und später der Intimbereich seiner Freundin gleiche Reaktionen in ihm auslöste. Scheiß Leben, gut erzählt, ein kurzes und intensives Album.

„Scheiß Leben, gut erzählt“ von Olli Schulz ist am 02.02.2018 bei Trocadero / Indigo erschienen (Beitragsbild: Olli Schulz by Jenna Dellwitz).

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