Die HAM.LIT 2018 in Hamburg

Volles Programm bei der HAM.LIT 2018 im Hamburger Club Uebel & Gefährlich

Seit 2010 findet jährlich die HAM.LIT, die lange Nacht junger Literatur und Musik, in Hamburg statt. In den wieder einmal ausverkauften Räumen des Uebel & Gefährlich fanden sich zur nunmehr neunten Ausgabe der HAM.LIT am 01.02.2018 15 Schriftstellerinnen und Schriftsteller sowie drei Music-Acts in der Hansestadt ein. Den literarischen Abend eröffnete nach der Begrüßungsrede des Moderators Alexander Gumz die Dramatikerin Rebekka Kricheldorf, die gemeinsam mit dem Schauspieler Laurenz Leky aus ihrem neuen, brandaktuellen und bissigen, satirischen, fast zynischen, 2017 veröffentlichten Stück Fräulein Agnes las.

Die beim Publikum für zahlreiche Lachanfälle sorgende szenische Lesung im Ballsaal genoss die volle Aufmerksamkeit aller Gäste, doch anschließend hieß es, sich zu entscheiden, öffneten doch ab 20 Uhr auch die Eingänge der zwei weiteren zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten. Während im Turmzimmer die Lyrikerin Katharina Schultens Gedichte aus ihrem unlängst bei kooksbooks erschienenen Band Untoter Schwan vortrug, bekamen die Fans von Kristina Bilkau im Terrace Hill bereits erste Passagen aus ihrem im März  bei Luchterhand erscheinenden Roman Eine Liebe, in Gedanken vorgelesen.

Währenddessen nahm auf der Bühne im Ballsaal Sasha Marianna Salzmann Platz, die letztes Jahr mit ihrem Prosadebüt Außer sich (Suhrkamp Verlag) den Sprung auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises schaffte und die Hamburger Gäste mit Auszügen des Romans in ihren Bann zog. Bei der HAM.LIT geht es immer im Halbstundentakt ohne größere Pausen weiter und so nahm kurz nach Frau Salzmann Sonja Heiss den Platz am Tisch auf der Lesebühne des Ballsaals im Uebel & Gefährlich ein. Die als Regisseurin („Frau Hedi steckt fest“) bekanntgewordene, 1976 geborene Sonja Heiss reüssierte im vergangenen Jahr als Schriftstellerin mit dem bei Kiepenheuer & Witsch verlegten Roman Rimini, einer urkomischen Familienfarce, die mit Loriot-haften Dialogen für die nächsten Heiterkeitsausbrüche sorgte, in die Sonja Heiss mit einstimmte („Sie lachen so viel, dass ich auch lachen muss“).

Humor spielt auch bei Mareike Krügel eine Rolle, der in ihrem aktuellen Roman Sieh mich an (Piper Verlag) zwischen schockierend und subtil changiert. Nach den jeweils gut 25 Minuten dauernden Eindrücken sind definitiv alle eben genanten Bücher empfehlenswert. Parallel zu diesen Auftritten lasen noch Svealena Kutschke aus Stadt aus Rauch (Eichborn), Klaus Cäsar Zehrer aus Das Genie (Diogenes), Juliana Kálnay aus Die kurze Chronik des allmählichen Verschwindens (Wagenbach) sowie Josefine Rieks aus Severland (Hanser).

Nach zwei Stunden Literatur stand das erste Konzert auf dem Programm der diesjährigen HAM.LIT. Die Hamburger Geschwister Eva und Philipp Milner, bekannt unter dem Namen Hundreds, reduzierten ihren Electro-Pop auf Piano und Gesang und führten die poetische Atmosphäre des Abends musikalisch mit erhabenen und edlen, zwischen Schwermut und Drama wechselnden Songs weiter. Für die nächste Musikdarbietung sorgte im Terrace Hill die aus Nürnberg stammende und in Hamburg wohnende Songwriterin Linda Rum, die mit ihrem enthusiastischen Folk-Pop auch in Triobesetzung mit Cellistin Rabea Bollmann und Gitarrist Matthias Koschnitzke überzeugte.

Minimalistisch mit zwei zumeist nur gehauchten E-Gitarren führte die als Lyrikerin bereits 2013 bei der damaligen HAM.LIT zu Gast gewesene Lydia Daher in Begleitung von Johanna  Weckesser den Musikteil des Abends zu Ende. Die poetische Ader der Songs ihres neuen, bei Sounds & books besprochenen Albums Wir hatten Großes vor, wie „Kein Grund für Tränen“, „Küssen an der Küste“ (samt integrierten  Gedichtvortrag) und „Irgendwas, Irgendwann“ fand in dieser Konstellation einen würdigen Rahmen. In der Zwischenzeit erfreuten sich die Zuhörer im Ballsaal an Lesungen von Thorsten Nagelschmidt und Lucy Fricke, die beide vorab Kostproben aus ihren demnächst erscheinenden neuen Romanen Abfall der Herzen (S. Fischer), beziehungsweise Töchter (Rowohlt) gaben.

Auch Jabok Nolte mit seinem Werk Schreckliche Gewalten (Matthes & Seitz) sowie der Lyriker Max Czollek standen auf dem Programm der HAM.LIT. Mit einer spektakulären Spoken-Word-Performance beendete dann Robert Prosser (Longlist Deutscher Buchpreis 2017 mit Phantome) die HAM.LIT im Ballsaal des Uebel & Gefährlich. Ein wiederholt starkes Programm haben die Organisatoren Lucy Fricke und Daniel Beskos (mairisch Verlag) auf die Beine gestellt. Die HAM.LIT hat sich längst als eine aus dem Hamburger Kulturprogramm nicht wegzudenkende Veranstaltung etabliert. Auf ein Neues im Jahr 2019. (Beitragsbild: Linda Rum by Gérard Otremba)

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