Dillon: Kind – Albumreview

 

Kunst und Leben

Erst drei Alben hat die in Berlin lebende Sängerin Dillon veröffentlicht. „This Silence Kills“ 2011, „The Unknown“ im Jahr 2014 und jetzt „Kind“. Dillon, eigentlich Dominique Dillon de Byington, 1988 in Brasilien geboren, macht sich gerne rar. Doch sie ist eine früh gereifte Musikerin: Schon 2008 erschien ihre erste Single auf dem längst verblichenen Berliner Label „Kitty-Yo“. Bis heute ist es die Stimme Dillons, um die sich in dieser Musik vieles dreht. Eine Stimme, die an andere Stimmen denken lässt, an Lykke Li etwa, die aber doch ganz anders ist. Der große DJ Koze hat es einmal ganz treffend gesagt. Dillon habe „eine sehr schöne Stimme und singt angenehm unperfekt und wahrhaftig. Sie hat Charakter.“

Sounds & Books_Dillon_Kind_CoverUnd Charakter hat auch ihr neues Album. Wenn Dillon selbst sagt, das Schreiben von Songs sei für sie eine Herausforderung, ein sehr anstrengender Weg, so hört man von diesen Leiden diesmal nur wenig. „Kind“ ist ein konzeptuelles Album. Das erste Stück heißt „Kind“, das letzte „2. Kind“. Es ist der gleiche Song, doch wie unterschiedlich interpretiert! Dazwischen geht sie den Weg weiter, den man von ihr kennt. Minimalistischer, düsterer Elektro-Pop. Intensiver Gesang. Es ist kein Wunder, dass Dirk von Lowtzow dieses Album hauchend eröffnet, denn bekanntermaßen verbindet beide eine Freundschaft. Schon 2010 war Dillon im Vorprogramm einer Tocotronic-Tour zu sehen. „Ja, ich habe meine Ausbildung bei Tocotronic gemacht“, sagt sie, was lustig klingt. Doch nach Tocotronic tönt hier nichts. Stattdessen: ein zerbrechliches Schlaflied mit dem Titel „Lullaby“, ganz transparente, asketische Songs, bei denen weniger zumeist mehr ist. „Das mache ich in meiner Kunst genauso wie in meinem Leben. Ich hole mir erst was dazu, wenn ich es wirklich, wirklich brauche“, so Dillon.

Singt Dillon von sich? Das ist nicht ganz so klar. Die Texte sind stets offen gehalten, die Sängerin nimmt keine eindeutige Perspektive ein. Verweigert typische Erzählstrategien. Am besten ist Dillon, wenn sie ihren Minimalismus ins Extreme steigert: Stücke wie „Te Procuro“ und „The Present“ sind auf dem I-Phone entstandene Songskizzen, die in ihrer Brüchigkeit umso heller strahlen. „Es war mir wichtig, mich so drauf zu haben, wie ich mich selbst höre“, kommentiert Dillon diese direkte Herangehensweise – die sie mit elektronischeren Club-Songs wie „Contact Us“ dann schließlich doch wieder bricht. Die Popmusik von Dillon ist eine Musik, die sich immer wieder den verschiedenen Deutungsversuchen zu entziehen versteht. Dennoch und gerade deswegen nimmt „Kind“ ganz und gar gefangen.

„Kind“ von Dillon ist am 10.11.2017 bei PIAS erschienen.

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