An American Troubadour: The Songs Of Steve Forbert – Albumreview

 

Liebenswerte Verbeugung zahlreicher Musiker vor dem Werk Steve Forberts

August 1979, kurz nach Mitternacht eine kleine Schlange vor dem Eingang des legendären ‚Onkel Pö‘. Vorher gab es noch einen anderen Auftritt. Alle raus, neues Konzert. Ich stehe in der Warteschleife und durchlebe gerade so einige Liebesturbulenzen. Eine neue junge Liebe neben mir, die alte rauscht in Erinnerungsfetzen ganz kurz durch den Kopf.

It Isn’t Gonna Be That Wayvon Steve Forbert aus seinem Debütalbum ein Jahr zuvor ist in diesen Wochen mein absoluter Favorit als Trost- und Hoffnungsspender. »Alive On Arrival« ‚ ein treffender Titel für diese Musiksammlung. Du bist so weit gereist, den Wind im Gesicht, hast geglaubt, diesen einen, außergewöhnlichen Platz gefunden zu haben, an dem all deine Träume in Erfüllung gehen. Du folgst dieser Richtung, die dein Verstand dir vorgibt. Oh, das ist aber gar nicht der richtige Weg.‹

Nun steht die Veröffentlichung des Nachfolgewerks bevor. »Jackrabbit Slim«, davon wird er in Hamburg auch einige Lieder spielen. Gitarre, Mundharmonika, allein auf der kleinen Bühne. Die amerikanische Plattenfirma verpasst einst dem Cover seiner Plattenpremiere den absurden Sticker ‚The New Dylan’. Kokolores. Sein Songwriting ist sehr viel direkter, persönlicher und damit auch klarer. Aber auch deswegen stehe ich hier in der Besucherschlange. Wir Gutgläubigen steigen gern in solche gehypten Hochgeschwindigkeitszüge. Er spielt Romeo’s Tune‘  auch ohne das brillante Piano ganz famos. Es wird sein erster und einziger größerer Hit.

Sounds & Books_An American Troubadour_The Songs Of Steve Forbert_CoverNun erscheint knapp 40 Jahre später »An American Troubadour: The Songs Of Steve Forbert«, kein Tributealbum. Er lebt ja noch und von einem Methusalem ist er noch ein gutes Stück entfernt. Das kommerzielle Interesse beiseite geschoben, ist dies eine sorgfältige, äußerst liebenswürdige Zusammenstellung seiner gelungensten Songs. Einundzwanzig an der Zahl. Also eine Verbeugung vieler junger Musiker vor diesem außergewöhnlichen, bescheidenen Menschen. Ungebrochen ist die Kraft dieser Kompositionen, ungewöhnlich und sehr gelungen so manche Interpretation. Ein alter Musikwald, den man nicht rodet, sondern abermals neu bestäubt zum Erblühen bringt. Viele dieser jungen Landschaftsgärtner kannte ich überhaupt nicht, nun wird es aber höchste Zeit dies nachzuholen. Aber ein verdammt gutes Gespür haben sie, die Hälfte der Songs stammen von den ersten beiden Alben. Womit mich die jüngere Garde wieder zurück ins ‚Onkel Pö‘ schickt.

Erinnerungen ins Heute transportierend. Eric Lindell besingt bewegende Tagebucheintragungen January 23-30,1978‹, Jason Crosby klingt wie sein Vater David in der Anfangszeit, schmerzvoll in Tonight I Feel So Far Away From Home‹, John Oates donnert wie der junge Steve Forbert los und Bekka Bramlett macht daraus gemeinsam einen knalligen Rocksong. Ich liebe die Anfangsgitarrenakkorde und die dann einsetzende frische und farbige Stimme von Elliott Peck in Goin’ Down To Laurel‹. Oh, welch formidabel dahingleitende Version von It Isn‘t Gonna Be That Way‹  setzt da denn Robert Earl Keen in Szene. Jim Lauderdale lässt die Eiche bei What Kinda Guy?‘  im Musikwald aber mächtig wackeln. Die wunderbarste Interpretation gelingt Nicki Bluhm & The Gramblers. Sie sieht nicht nur ähnlich aus wie die junge Rita Coolidge mit ähnlich einfühlsamer Stimme. Statt Jack Tempchin mit ihr könnte bei diesem Song Steve Forbert doch mit Nicki Bluhm im Duett singen oder? Aber das hatten wir hier schon.

Ach ja, die vergnügliche junge Liebe von 1978 ist dann bei mir rasch versunken. Im Nachklang ein kleines Befreiungsfest. If You‘re Waiting On Me‹, alte Rechnungen sollte man begleichen, Jackie Greene  singt von einem Mann, der vor vielen Jukeboxjahren durch die falsche Tür gegangen ist. Ein Album voller Wind und Wellen, Sonne und der Last der Lebensliebe.

„An American Troubadour – The Songs Of Steve Forbert“ ist am 06.10.2017 bei Blue Rose Records erschienen.

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