Heather Nova live in Hamburg – Konzertreview

 

Heather Nova spielt ihr bekanntestes Album Oyster live in voller Länge

Auf den käuflich zu erwerbenden T-Shirts am Merchandisingstand ziert das Oyster-Plattencover von 1994 mit dem Konterfei der damals 27-jährigen Heather Nova. Die Marketingabteilung hätte auch ein aktuelles Foto drucken lassen können, ein gravierender Unterschied zu damals ist kaum auszumachen. Die noch immer grazile und zierliche Heather Nova hat sich ihre Schönheit auch im 50. Lebensjahr bewahrt. Sehr viele Männer zwischen 20 und 40 waren in den 90ern heillos in sie verliebt und viele schwärmen wahrscheinlich heute noch heimlich von ihr.

Die 1967 auf dem Bermudas geborene Songwriterin sieht aber immer noch nicht nur sehr gut aus, sie schafft auch immer noch mühelos alle stimmlichen Höhen, wie sich die zahlreichen Besucher bei ihrem Konzert am 23.10.2017 im vollen Hamburger Gruenspan überzeugen können. Mit ihrer vierköpfigen Band im Rücken (Gitarre, Schlagzeug, Bass, Cello) führt Heather Nova ihr bekanntestes und bestes Album Oyster in voller Länge live auf. Diese Verbeugungen vor dem wichtigsten Werk der eigenen Karriere können auch mal daneben gehen, man denke nur an den lieblosen Auftritt der Lemonheads vor ein paar Jahren, doch Heather Nova und ihre Band meistern den Schritt in die tiefe Vergangenheit gekonnt.

Sie rockt die Songs des Oyster-Albums wie auf der Tour von 1995 und erstaunlicherweise hat das Material keinen Rost angesetzt, die Darbietung wirkt vital und erfrischend. Ja, Heather Nova ist immer noch die Sirene, die sie bereits vor 23 Jahren war, die betörende Stimme und die Aura des blonden Engels sind geblieben. Sie spielt die Stücke in der bekannten Album-Reihenfolge, lediglich unterbrochen von „Blind“, das ursprünglich auf das Album sollte, es dann aber „nur“ als B-Seite der Single „Walk This World“ schaffte, an den Grund kann sich Heather Nova aber nicht mehr erinnern. Ein berührendes Lied, lediglich von zwei Cellos und ihrer akustischen Gitarre begleitet, und mit einer andächtigen Stille von Seiten der Fans goutiert.

Von „Walk This World“ an strahlt Nova die bekannte Magie von früher aus, der Funke springt sehr schnell auf das begeisterte Publikum über. Bei solchen Veranstaltungen schwingt immer etwas Wehmut mit, aber zu einem reinen Nostalgietrip artet das Konzert von Heather Nova nicht aus. Es sind nicht nur die Klassiker wie „Island“, „Throwing Fire At The Sun“ und „Maybe An Angel“, die zünden. Es ist plötzlich die Sinnlichkeit des Indie-Rock in „Blue Black“, die fasziniert. Oder das liebreizende „Walking Higher“ und das herzergreifende „Doubled Up“. Dass vorher „Light Years“ und besonders „Verona“ im Schrammelrockgewitter mit Psychedelic-Touch fast schon ein wenig untergingen, geschenkt.

Die erste Stunde des Konzertes gehört also voll und ganz der Oyster-Platte, bevor Heather Nova und Band noch sechs Zugaben geben, darunter ein entfesseltes „Sugar“ sowie eine berührende Akustikversion des Neil Young-Klassikers „Like A Hurricane“ mit Cello-Begleitung. Und das dürfte bei einem Neil Young-Konzert höchst selten passieren. Mit „I Wann Be Your Light“ schickt sie uns abschließend zu den Sternen und wir folgen ihrer Einladung immer noch willfährig.

Kommentare

  • <cite class="fn">Sebastian</cite>

    Nun, „Blue Black“ als „sinnlichen Indie-Rock“ zu beschreiben zeugt nicht gerade vom Verstehen der Texte von Heather Nova. Tatsächlich handelt es sicher hier eher um eine ziemlich heftige Aufarbeitung von sexueller Gewalt, die sich auch in „Island“ und „Sugar“ wiederfindet. Ich habe den Song einmal einem Engländer vorgespielt, der das schlicht mit „extremely evil“ kommentierte.
    Insbesondere die frühen Songs von HN waren sehr autobiografisch, gerade das macht sie so faszinierend und auch zeitlos.
    Insgesamt ein wirklicj tolles Konzert einer herausragenden Künstlerin!

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