Diana: Familiar Touch – Album Review

 

Moderner Pop aus Kanada: Familiar Touch ist eine wohldosierte Mixtur aus vertrauten Zutaten und eigenwilliger Ästhetik    

Der gigantische Erfolg ihres in Rekordzeit produzierten Debütalbums Perceptual Surrender traf Diana 2013 unerwartet und ließ dem Trio aus Toronto kaum Zeit zum Atmen und Innehalten. Stattdessen reisten sie quer durch Kanada, die USA und Großbritannien und fanden sich plötzlich auf Bühnen wieder, ohne zuvor auch nur ein einziges Konzert gemeinsam bestritten zu haben – eine gleichsam aufregende wie kräftezehrende Erfahrung für eine Band, die sich damals kaum als solche verstand. Wenig überraschend also, dass Carmen Elle, Joseph Sabason und Kieran Adams für den Nachfolger Familiar Touch bewusst einen anderen Weg wählten.

In einer Hütte im ländlichen Quebec entstanden die zehn neuen Stücke, denen eine ambitionierte Sorgfalt in Komposition, Arrangement und Produktion und ein gemeinsamer Reifeprozess spürbar anhaftet. Dennoch ist nicht alles neu auf Familiar Touch. Im Gegenteil – der Titel des Albums könnte in mehrfacher Hinsicht nicht passender sein. Wohlbekannt sind die dominanten Zutaten, die bereits Perceptual Surrender zum Erfolg führten: 80er Jahre Synthie-Pop und 90er Dance Beats gepaart mit Carmen Elles glasklarer Stimme. Und mehr als vertraut sind auch die Themen, die in den Lyrics verarbeitet werden: Alles kreist um Beziehungen, Liebe, gebrochene Herzen.

Sounds & Books_DIANA_Familiar Touch_CoverWEB2Der Opener „Confession“ mutet in den ersten Sekunden wie ein Mashup aus Depeche Modes „Everything Counts“ und Whitney Houstons „I Wanna Dance With Somebody“ an, erhebt sich sodann jedoch zu einem modernen und tanzbaren Pop-Track mit einer Prise Funk und eigener Handschrift. Gleiches gilt für „Slipping Away“: ein ansteckender Beat, die funkige Gitarrenlinie und der männliche Gesang neben Carmen Elle verschmelzen zu einem harmonischen Tanzstück. Doch auch die ruhigen Töne beherrschen Diana, was die Band unter anderem mit „Moment Of Silence“, „Take It Over“ oder „Cry“ unter Beweis stellt. In Letzterem belebt Sabason den wohlproportionierten musikalischen Raum mit seinem Saxophon, das diesem verträumten Stück eine smoothe Stimmung verleiht.

Die Liste der musikalischen Referenzen ist lang und bei jedem neuen Hören von Familiar Touch offenbaren sich neue Puzzleteile. Unverkennbar sind die Sade und Level 42-Anleihen beispielsweise in „What You Get“ oder im anfangs sphärisch umschmeichelnden „These Words“, das nach und nach mehr Energie entfaltet. Der männliche Gesang kommt hier zwar ein wenig cheesy daher, doch das tut dem Hörgenuss keinen Abbruch.  Man verspürt geradezu Verlangen nach einem exotischen Cocktail und einer etwas zu kitschigen Strandbar, in der man seinen Körper sacht zum Beat wiegen kann.

Diese scheinbar merkwürdige Kombination aus „tropical garden feeling“ und Melancholie kommt auf dem Album mehrfach auf und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. In „The Coward“ erschaffen Diana eingangs eine düstere, fast schon bedrohliche, Atmosphäre wie sie einst And Also The Trees auf Virus Meadows aufzubauen vermochten. Hier und da erwachen auf Familiar Touch auch Erinnerungen an GusGus, denen einst Emiliana Torrini ihre glockenhelle Stimme lieh. Doch Diana liefern keineswegs einen Abklatsch vergangener Jahrzehnte; sie fügen all die Ingredienzien zu einer eigenwilligen musikalischen Architektur und klaren Ästhetik zusammen. Ihre neue Reife zeigt sich in der Konsequenz, mit der sie dies tun.

Textlich hingegen fällt es schwer, eine neu gewonnene Tiefe zu attestieren. Zumeist verweilen Diana auf dieser Ebene im Banalen und Naiven, so zum Beispiel in „Helpless“ („Oh let’s just make the same mistakes again“ / „I can’t help it“ / „I wait until you break my heart“) oder „Moment Of Silence“ („Talk to me“ / „Tell me what you’re saying when you don’t say anything“). Romantik wird plakativ verpackt und präsentiert. Doch vielleicht hilft auch hier ein Besinnen auf den Albumtitel weiter: Familiar Touch spielt mit vertrauten Gefühlen und wählt altbewährte Worte, in denen sich jeder wiederfinden kann. Möglicherweise ist auch das Teil einer Formel, die Diana zum Erfolg geführt hat.

„Familiar Touch“ von Diana ist am 18.08.2017 bei Tin Angel Records erschienen (Beitragsbild: Pressefoto).

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