Grizzly Bear: Painted Ruins – Album Review

 

Ein Album, nicht ganz von dieser Welt und doch ein Kandidat für die Jahresbestenliste

Einst von Sänger und Songwriter Ed Droste als Soloprojekt begonnen, mausert sich Grizzly Bear zu einer der wichtigsten Indie-Rock-Band der Nuller-Jahre. Mit dem zweiten Album Yellow House komplettierten Christopher Bear, der bereits beim Debüt Horn Of Plenty mit von der Partie war, Chris Taylor und Daniel Rossen das Line-Up.  Schnell etablierte sich das Quartett als ein musikalisches Aushängeschild der Brooklyn-Szene  New Yorks, wurde eine der Lieblingsbands aller Hipster und mit dem dritten Longplayer Veckatimest schaffte es den Sprung in die Top-Ten der heimatlichen US-Charts, wo sich Grizzly Bear mit dem Nachfolger Shields im Jahr 2012 ebenfalls wiederfanden. Aus ihrer New Yorker Sturm- und Drangphase sind die vier Musiker nunmehr entwachsen, Droste, Bear und Taylor wohnen in der Zwischenzeit in Los Angeles, Rossen in Santa Fe.

Die Ideen für das fünfte Album Painted Ruins schickten sich die Mitglieder, die auch mit Soloprojekten beschäftigt sind und sich beim US-Wahlkampf für Bernie Saunders einsetzten, per Dropbox hin und her. Die elf neuen, auf Painted Ruins enthaltenen Songs entstanden in den letzten beiden Jahren und wurden in Upstate New York und Los Angeles aufgenommen, dort  u.a. in den Terrible Studios von Chris Taylor. Elf Songs, die nicht nur Hipster ansprechen sollten. Natürlich verzichten Grizzly Bear auf herkömmliche Mainstream-Popstrukturen, schaffen aber ideenreiche Soundmuster, in denen immer wieder die Beatles durchscheinen, die ihrerseits die beste Popband des Planeten war/ist.

Sounds & Books_Grizzly_Bear_Painted_Ruins_album_coverGrizzly Bear bieten auf Painted Ruins Musik für kopfgesteuerte Menschen mit einem Sinn für Feingefühl. Aus dem kosmisch-pulsierenden Halb-Chaos in „Aquarian“ schält sich plötzlich eine anmutige Melodie, die auf die Fleet Foxes verweist. Einer der vielen künstlerisch wertvollen Kniffe, die die Hörer verzaubern. Das zunächst schwebende „Cut-Out“ erfährt nach knapp zwei Minuten eine demonstrative Eruption, um nicht mal eine Minute später wieder seinen himmlisch gleitenden Flug fortzuführen. In dem mit jazzigen Untertönen belegten Psychedelic-Folk von Grizzly Bear steckt so unfassbar viel verführerischer Pop allererster Klasse, wie das bunte, schwärmerische und von Ed Droste mit viel Sehnsucht gesungene „Mourning Sound“ beweist. Rhythmisch, federleicht und hymnisch. Großer und fordernder Pop.

Grizzly Bear machen es einem schwer, einzelne Songs herauszuheben, Painted Ruins funktioniert als Gesamtwerk gar wunderprächtig. Und doch reizt der Psychedelic-Jazz bei „Three Rings“ ungemein, verführt einen „Four Cypresses“ zu Tagträumereien und hält „Sky Took Hold“ einen dramatischen Trip bereit. Painted Ruins ist ein Album nicht ganz von dieser Welt, ein Album, auf das man sich einlassen darf, muss und sollte, denn mit jedem neuen Hören sind zahlreiche Entdeckungen garantiert. Ein sicherer Kandidat für alle Jahresbestenlisten.

„Painted Ruins“ von Grizzly Bear erscheint am 18.08.2017 bei RCA Records / Sony Music (Beitragsbild: Tom Hines).

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