Aldous Harding: Party – Album Review

Erste Singer-Songwriter-Liga

Ganz zum Schluss, nachdem bereits über 30 intensive Minuten hinter einem liegen, erreicht der emotionale Frontalangriff von Aldous Harding auf Party mit dem Song „Swell Does The Skull“ seinen letzten, absoluten Höhepunkt. Eine sanft gezupfte Gitarre, ein minimalistisches Pianospiel und Aldous Hardings andächtige Stimme, die mit der von Mike Hadreas, besser bekannt als Perfect Genius, in Dialog tritt und fertig ist eins der staunenswertesten Beiträge des Indie-Folk-Genres. Die spärliche Instrumentierung, die wir vom ersten selbstbetitelten Album kennen, bleibt uns erhalten, die von PJ Harvey-Kumpel John Parrish produzierten Stücke sind weniger schaurig-gespenstisch als auf dem Debüt, die am klassischen Folk orientierten Arrangements indes erzeugen eine nicht minder große Wirkung.

Von einer ausschweifenden Party ist hier weit und breit keine Spur, bei der neuseeländischen Sängerin wird gepflegt Rotwein getrunken und sinisteren Gedanken nachgehangen. Eine traurig-schöne Atomsphäre evoziert Party, gewiss, aber diese grenzenlose Anmut!  Für Harding-Verhältnisse geht es fast stürmisch mit dem rhythmischen Geklöppel im Hintergrund von „Blend“ los, doch ihre schüchtern-liebreizende Stimme umgarnt und hält einen gefangen. Immer wieder rutscht sie in die stimmlichen Tiefen von Nico, wie im phantastischen „Imagining My Man“, das im Mazzy Star-Ambiente mit Kinderzwischenrufen, Schlagzeug und einem elegischen Saxophon der am opulentesten arrangierte Track des Albums ist. Höhere Tonlagen erreicht Aldous Harding ebenfalls mühelos.

Das mag im gar kindlich erscheinendem Klang mitunter manchmal etwas anstrengend sein, aber wenn sie uns dann wieder so becirct wie in „Living The Classics“ oder zu Beginn vom Titelsong sind die wenigen Ausrutscher vergeben. Die erwachsene Ernsthaftigkeit ist im Folk-Jazz von „I’m So Sorry“ schnell wieder zurück. Leonard Cohen lässt grüßen, Melancholie und Schwermut in neuen Dimensionen. Unter Hypnose setzt uns Aldous Harding im Mantra-artigen „Horizon“, wie eine bedrückt-entrückte Standardinterpretation klingt „What If Birds“ und im graziös-wehmütigen, zauberhaften „The World Is Looking“ nimmt Harding fünf Minuten Anlauf, um im besagten „Swell Does The Skull“ nochmal mit aller Kraft in die seelischen Tiefen abzutauchen. Mit Party spielt Aldous Harding in der ersten Singer-Songwriter-Liga.

„Party“ von Aldous Harding ist am 19.05.2017 bei 4AD / Beggars erschienen.

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