Chaplin: Wenn uns morgen keiner weckt – Albumreview

Die Berliner Band Chaplin und der wegweisende Schritt mit Album zwei

Sie wussten bereits vor zwei Jahren mit dem Debütalbum „Im Taxi hinter der Tram“ die Lücke zwischen Gisbert zu Knyphausen und Element Of Crime zu füllen. Das Berliner Quintett Chaplin überzeugte auf Anhieb mit seinem lakonisch-melancholischen Songwriter-Pop-Rock und dass jetzt Element Of Crime-Gitarrist Jakob Ilja das zweite Album von Dominic Hoffmann (Gesang, Gitarre), Mike Knorpp (Gitarre), Jonathan Klein (Piano, Orgel), Hans Kämmerer (Bass) und Jens Baumann (Schlagzeug) produziert hat, war eine gute Entscheidung und geradezu eine logische Konsequenz.

Die Grundstimmung von Im Taxi hinter der Tram ist geblieben, doch bieten die neun neuen, in den Berliner Candy Bomber Studios aufgenommenen Songs eine variantenreiche Fortsetzung des Debüts, denn u.a. gehören Streicher, Bläser und eine Lapsteel-Gitarre zum instrumentalen Spektrum des neuen Longplayers. Auffällig auf Wenn uns morgen keiner weckt das präsente Orgelspiel Jonathan Kleins und auch den Gitarren ließen Chaplin deutlich mehr Raum. Und so schaukelt sich die Band im titelgebenden Album-Opener mit prägnanter Hammondorgel und filigranem Gitarrenspiel in die Sixties, denn tatsächlich lugt Bob Dylans „Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again“ bei „Wenn uns morgen keiner weckt“ um die Ecke.

Der Element Of Crime-Einfluss ist textlich und musikalisch im wehmütigen, von Streichern verzierten und von edlen Gitarren in Szene gesetzten „Red nicht so viel“ sehr frappierend. Aber das ist gut so. Immer schön an den besten Vorbildern orientieren und dann passt es. Dominic Hoffmanns raue Stimme und die traumverlorene Gitarre in „Ich dachte, das wärst du“ harmonieren prächtig, bevor sich der Song zu einem überbordenden Drama aufschwingt. In „A44“ wütet gar ein Gitarrensolo im Hintergrund, während die Orgel wie einst bei „Riders On the Storm“ perlt. Bei „In den falschen Schuhen“ rocken Chaplin sich den Kummer von der Seele, nur um im anschließenden „Immer wenn wir nach Hause gehen“ wieder dem schönsten Lakonie-Blues zu verfallen.

„Glascontainer“ dann ein schleichender und unter die Haut gehender Film-Noir-Soundtrack, „Der reichste Typ auf dem Friedhof“ ist ein sehr lässiges und charmantes Stück Songwriter-Pop und mit dem unendlich traurigen „Kaputt“ beenden Chaplin ihr neues Album. Wenn uns morgen keiner weckt ist für Chaplin ein wegweisender Schritt, der die Facetten ihrer wunderbaren Musik auslotet. Und auf der nächsten Element Of Crime-Tour bitte als Support auftreten.

„Wenn uns morgen keiner weckt“ von Chaplin ist am 31.03.2017 bei Tapete Records erschienen.

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