The Handsome Family und Joana Serrat live in Hamburg – Konzertreview

Country-Blues-Noir und Dream-Folk-Pop am 10.02.2017 im Hamburger Knust

Es sei ein ganz besonderer Abend für sie, lässt Joana Serrat das Hamburger Publikum im Knust wissen, schließlich ist ihr Bruder Tony für das Konzert angereist und begleitet sie am Schlagzeug. Familiäre Harmonie also für die aus dem katalanischen Vic, unweit Barcelonas, stammende Musikerin, die als Support für die Handsome Family ihr aktuelles Album „Cross The Verge“ promotet, das auch bei Sounds & Books bereits großen Anklang fand. Es sind ganz und gar entzückende Dream-Folk-Pop-Songs, die Joana Serrat mit der akustischen Gitarre und den dezenten Drumparts ihres Bruders im Rücken präsentiert. Es sind feinsinnige Lieder wie der Opener „Saskatoon (Break Of Dawn“), in dem Serrat die Atmosphäre eines dämmrigen Tagesanbruchs perfekt einfängt.

Oder das leicht im Wind verhallende „Desert Valley“, das wie eine Americana-Fassung eines Mazzy Star-Stückes wirkt. In „Solitary Road“ gibt sich Serrat einem gediegenen Slowmotion-Country-Folk hin, während „Tug Of War“ ungeniert mit einem legeren Indie-Pop flirtet. Joana Serrats Stimme ist eine sanfte, die im romantischen „Cloudy Heart“ endgültig im zauberhaften und harmonischen Folk-Pop schwelgt. Ihr Auftritt kommt bei den Konzertbesuchern an und das dunkel-bedrohliche „Black Lake“ weist dann auch schon in Richtung der Handsome Family.

Das in Alburquerque, New Mexico, beheimatete Ehepaar Rennie und Brett Sparks, alias The Handsome Family, wiederum ist dem neuen Longplayer Unseen in Europa auf Tour. Live werden sie dabei von Schlagzeuger Jason Toth und Gitarrist Alexander McMahon begleitet. Während Rennie Sparks die Bassgitarre bedient, hin und wieder zärtlich die Autoharp zupft und mit einigen meist amüsanten Worten die ein oder andere Entstehungsgeschichte der von ihr geschriebenen Texte erzählt, übt sich der bärtige Gatte an der deutschen Sprache. „Verdammt in alle Ewigkeit“ klappt bereits ganz gut. Der Americana-Country-Blues der Handsome Family changiert zwischen morbiden Abgründen und dramatischer Romantik.

Die sonore Bass-Bariton-Stimme Bretts dominiert den Auftritt, funktioniert aber ebenso einwandfrei in den Duetten mit Partnerin Rennie. Alexander McMahon veredelt mit seiner Pedal Steel-Gitarre zahlreiche Songs an diesem Abend, darunter das so unendlich traurige „Back In My Day“.  In „The Bottomless Hole“ lotet das Quartett die Tiefen des Country-Blues-Noir aus, während „Tiny Tina“ von Glockenspiel, einer Mini-Synthie-Orgel und dem zweistimmigen Gesang von Rennie und Brett Sparks lebt. Vor den drei Zugaben dann noch das blues-rockige „Octopus“ und ein barmendes „King Of Dust“, dessen trügerische Harmonie von verstörenden Gitarrenlicks konterkariert wird. Wer das Abseitige im Americana-Genre sucht, wird bei der Handsome Family fündig und bekommt obendrein noch spannende Arrangements zu hören. Wie gestern im Hamburger Knust.

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