Neil Young: Peace Trail – Album Review

Auch mit einem mittelmäßigen Album rettet Neil Young die Welt

von Gérard Otremba

Neil Young führt bereits seit geraumer Zeit seinen Kreuzzug für eine bessere Welt. Er wettert gegen die Mächtigen, gegen die Konzerne und Regierungen. Die Rettung des Planeten hat er sich auf die Fahne geschrieben, ein hehres Ziel. Und das ist gut so, da macht Sounds & Books sofort mit (im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten). Auf Peace Trail, dem mittlerweile 37. Longplayer des 71-jährigen Kanadiers, stellt Neil Young Amazon & Co. an den Pranger und zeigt mit seinen sozialkritischen Texten die gesellschaftlichen Mißstände auf (zwar nicht mehr mit der Holzhammermethode wie auf The Monsanto Years, aber immer noch deutlich genug). So lobenswert Youngs Anliegen sind, muss er doch aufpassen, dass die Musik nicht zu einem bloßen Mittel zum Zweck seiner Botschaften wird. Denn so langsam scheinen diesem großartigen Musiker die Ideen auszugehen.

Mit dem Titeltrack „Peace Trail“ an erster Stelle des Albums glänzt Young nochmal und zeigt seine alte Klasse. Von Jim Keltner an den Drums und Paul Bushnell am Bass begleitet, entfaltet Youngs Gitarren- und Harmoniumspiel eine apokalyptische wie sehnsüchtige und einsame Atmosphäre. Die trockenen Schlagzeugparts Keltners, die das Album mitdominieren, sind hier noch ein starker Kontrapunkt zu Youngs stilbildender Gitarre. Youngs fragiler Gesang in der Form seiner Harvest-Zeit. Im weiteren Verlauf von Peace Trail findet Neil Young den Blues, doch den kennt der Mann aus Ontario schon lange genug. So gut jedoch wie zu On The Beach-Zeiten sind Youngs Blues-Exkurse auf Peace Trail leider nicht. In „Can’t Stop (Workin)“ ist sein Mundharmonikaspiel über die Maßen verzerrt, zerschossen und irritierend, während „Indian Givers“ von Keltners hypnotischen Schlagzeugeinsätzen und Youngs expressiven Vocals lebt. Ein zweites Highlight (trotz der strangen Harp), aber insgesamt macht es sich das Trio, wie bei „Show Me“ etwas zu gemütlich.

Sogar für Neil Young-Verhältnisse klingen die Arrangements archaisch. Und zunehmend verwirrend. Das kurze „Texas Rangers“ stolpert gelangweilt durch die Gegend, „Terrorist Suicide Hang Gliders“ leidet unter erneut wütenden, aber nervigen und verzerrten Mundharmonikaangriffen. Ähnliches wiederholt sich beim inhaltlich aufwühlenden „John Oaks“. Das nostalgische Folk-Stück „My Pledge“ zündet auch nur halbherzig, doch versöhnen das vergleichsweise griffige und, neben „Peace Trail“, Neil Young-typischste Stück, „Glass Accident“ (hier klappt es auch wieder mit der Mundharmonika) sowie das ironische „My New Robot“ am Ende von Peace Trail. An vergangene, zahlreiche Glanztaten Neil Youngs reicht Peace Train nicht heran, musikalisch findet es sich im gehobenen Mittelmaß seines Gesamtwerkes wieder. Aber die Welt retten wir mit Neil Youngs Hilfe und Engagement trotzdem.

„Peace Trail“ von Neil Young ist am 09.12.2016 bei Reprise / Warner Music erschienen.

 

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