Reinhard Kaiser-Mühlecker: Fremde Seele, dunkler Wald – Roman

Düster und bedrückend, bedächtig und hervorragend erzählt

von Gérard Otremba

Fremde Seele, dunkler Wald, der neue Roman von Reinhard Kaiser-Mühlecker, ist eine bedrückende wie faszinierende Geschichte über die Brüder Alexander und Jakob. Ein fünfzehnjähriger Altersunterschied trennt die beiden in einem österreichischen Dorf aufgewachsenen Brüder und während Alexander längst eine Militärlaufbahn eingeschlagen und die familiäre Umgebung verlassen hat, quält sich der 15-jährige Jakob durch sein schwer beladenes Leben. Früh aus der Schule geschieden, kümmert sich Jakob aufopferungsvoll um den elterlichen Hof, obwohl der Vater das Land Stück für Stück verkaufen muss und mit kruden Ideen kein Bein mehr auf den Boden bekommt.

Außerdem beginnt Jakob eine Beziehung zur Nina, mit der er während der kurz darauf folgenden Schwangerschaft zusammenzieht, ohne sie wirklich zu lieben. Alexander hingegen wollte einst Priester werden, bevor ihm die berüchtigte Dorfschönheit Elvira in die Quere kam. Diese steht mittlerweile einer misstrauisch beäugten religiösen Gemeinde vor, zu der sich auch Jakob in seinem verwirrten Zustand hingezogen fühlt, denn sein Leben verläuft so gar nicht nach Wunsch. Er schlägt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und der Nachwuchs stellt sich als Kuckuckskind heraus. An das politisch nicht astreine Familienerbe, das nach dem Tod des Großvaters an die Großmutter ging und die ganz eigenen Pläne verfolgt, und mit dem Jakob sich ein neues Stück Land kaufen möchte, ist auch nicht zu denken. Alexander wiederum lässt sich auf diverse amouröse Abenteuer ein, ist jedoch nicht in der Lage, seine familiäre Vergangenheit abzuschütteln.

Den beiden noch so unterschiedlichen Brüdern schießen die Sinnfragen nur so durch den Kopf, doch Auswege sind in Sicht. Reinhard Kaiser-Mühlecker schreibt bedächtig und erzählt subtil. Die seinen Protagonisten inne wohnende Schwermut, die im familiären und dörflichen Gefüge ebenfalls ihren Ausdruck findet, fasst der 33-jährige österreichische Schriftsteller in eine leise, nachdenkliche, ja geradezu beschwörende Prosa. Phasenweise zwar sehr düster, entwickelt Fremde Seele, dunkler Wald eine wirkungsvolle sprachliche Kraft, die die psychischen Befindlichkeiten der Figuren seziert. Reinhard Kaiser-Mühlecker besitzt die Gabe, Geschichten zu erzählen. Und das macht er richtig gut.

Reinhard Kaiser-Mühlecker: „Fremde Seele, dunkler Wald“, S. Fischer Verlag, Hardcover, 304 Seiten, 978-3-10-002428-2, 20 €.

Eine weitere Besprechung hat Buchpreisbloggerkollege Tobias Nazemi auf Buchrevier geschrieben.

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