Milliarden: Betrüger – Album Review

Viel Gutes dabei auf dem Debütalbum von Milliarden

von Gérard Otremba

Wie gut, dass sich Ben Hartmann und Johannes Aue vor fünf Jahren bei einer Aufnahmeprüfung an der Uni begegnet sind, sich zu Milliarden zusammenschlossen und nun mit Betrüger das Debütalbum des Duos vorliegt. Sicherlich eines der aufsehenerregendsten Erstlingswerke aus deutschem Lande des Jahres 2016, mit dem sich Milliarden mit ihrer Attitüde zur legitimen bundesrepublikanischen Antwort auf Wanda in Stellung bringen. Hartmann und Aue propagieren eine Antihaltung wie sie einst Ton Steine Scherben bekannt gemacht hat und zuletzt von Trümmer aufgegriffen worden ist.

Ihre Musik ist am Punkrock geschult (verharrt jedoch nicht in ihm), roh, kräftig, unangepasst, aber mit ungemein eingängigen Hooks versehen. Ja, Sänger und Gitarrist Ben Hartmann und Multiinstrumentalist Johannes Aue sind frech, rotzig, intelligent und besitzen die Gabe der Selbstironie, die im Titeltrack deutlich zu spüren ist („Ich bin ein Milliardär, mir scheint die Sonne aus dem Arsch, ich bin ein Milliardär, weil mir Luxus scheißegal ist, ich bin schweinereich, habe kein Geld, ich mache was ich will, ich kaufe mir die Welt, und ohne was zu haben habe ich Milliarden“). In die häufig brachialen Texte legt sich die Aura der Sehnsucht, von Hartmanns angekratzter und dringlicher Stimme perfekt eingefangen („Du reißt mir Haare aus, ich schlage dir die Zähne ein, wir beißen und zusammen ins Fleisch, oh wie schön kann Liebe sein, oh Chérie du blutest wunderschön…Chérie du bist mein Alptraum und die Euphorie, Chérie wir sind das Trauma und die Therapie“).

Von den vierzehn auf Betrüger enthaltenen Songs haben mindestens sieben das Potential zu großen (Indie)-Hits. Der eben zitierte Albumeröffnungssong „Oh Chérie“ zum Beispiel reißt mit seiner Euphorie, seinen knackigen Riffs und dem überbordenden Refrain sofort mit. Der New-Wave-Rock-Pop von „Im Bett verhungern“ entwickelt sich zur großen Hymne und „Milliardär“ ist zügellos und catchy zugleich. Das treibende „Marie“ gehört genauso wie das mit viel Pop-Appeal ausgestattete „Katy Perry“ zu den Highlights des Albums. Das gilt auch für das manische „Blitzkrieg Ballkleid“, das Trio und die Ramones  (nicht nur wegen der Titelanlehnung) zusammenführt. Oder auch für „Friedrichsdorf“, diese wunderbare Hommage an Ian Curtis von Joy Division. Milliarden bieten viel auf ihrem Debütalbum Betrüger. Zum Ende hin lassen uns Hartmann und Aue im galoppierenden „Ende neu“ ihre Wut spüren und springen noch mal auf die Barrikaden in „Schall und Rauch“. Betrüger ist ein Album, das die Fundamente des deutschsprachigen Rock sprengt.

„Betrüger“ von Milliarden ist am 12.08.2016 bei Vertigo / Capitol / Universal erschienen.

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