Gérard bloggt über die Spreepartie – Ein Bloggertag in Berlin

Das zu entdeckende Berlin: Eine Spreepartie der besonderen literarischen Art

Text und Fotos von Gérard Otremba

Wieder einmal Berlin. Nachdem ich just vor zwei Wochen aufgrund der Konzerte von Bruce Springsteen und PJ Harvey in der immer besuchenswerten Hauptstadt weilte, zogen mich nun die schönen Künste der Literatur in die größte Stadt Deutschlands. Genauer gesagt eine Einladung der Presseagentur Kirchner Kommunikation, die ihre Dienste für diverse Kleinverlage zur Verfügung stellt. Um 10 Uhr erwarteten uns die Mitarbeiterinnen um Agenturgründerin Tatjana Kirchner, also Stephanie Heardle, Judith Tings, Judith Polte und Katrin Ritte zu Kaffee und Croissants in den schönen, hellen Altbauräumen ihres Arbeitsalltags mitten in Kreuzberg. Zwei kurzfristige Absagen verringerten die Bloggerteilnehmerzahl auf sieben, neben meiner Wenigkeit nahmen noch Mareike von Herzpotential, Marina von Literaturleuchtet, Jacqueline von masuko13, Constanze von Zeichen & Zeiten, Elina von Schnitzel & Schminke sowie Jochen von lustauflesen.de teil.

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Um 10.30 Uhr traf dann die Leipziger Illustratorin Christina Röckl ein, die 2015 für ihr Debüt Und dann platzt der Kopf in der Sparte Sachbuch den Deutschen Jugendliteraturpreis erhielt und ihr neues Projekt Liegender Akt in Blau vorstellte. Der von Nathalie Chaix geschriebene und von Lydia Dimitrow aus dem Französischen übersetzte Roman über den französischen Maler Nicolas de Staël und seiner letzten Muse erscheint im Oktober bei kunstanst!fter, dem Verlag für Illustration. Um sich in die Stimmung des Romans besser hineinversetzen zu können, sprach Röckl sowohl mit der Autorin, als auch mit der Übersetzerin und ließ sich vor Ort in der Provence, in der der Roman spielt, für ihre Illustrationen inspirieren.

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Anschließend machte sich unsere charmante Entourage auf den Weg nach Charlottenburg, um in der Kantstraße Abbas Maroufi zu besuchen. Der iranische Autor betreibt dort seit 13 Jahren die größte persische Buchhandlung Europas und hat mit „Fereydun hatte drei Söhne“ einen neuen, über die islamische Revolution von 1979 handelnden Roman geschrieben, der im September in der von Ilija Trojanow herausgegebenen Weltlese-Reihe in der Edition Büchergilde erscheint. Abbas Maroufi wurde einst in seiner Heimat wegen „Beleidigung der islamischen Grundwerte“ verurteilt und floh mit seiner Familie 1996 nach Deutschland. Seine Buchhandlung „Hedayat – Haus der Kunst und Literatur“ ist eine kulturelle Institution Berlins, Abbas Maroufi schreibt, verkauft, lektoriert, verlegt und lehrt. Im Gespräch mit der Büchergilde-Lektorin Lisa Schöttler erzählte er uns aus seinem bewegten Leben und wer neben den persischen Übersetzungen deutschsprachiger Werke von Heinrich Böll, Friedrich Dürrenmatt oder Franz Kafka noch ein James Dean-Plakat sowie den Soundtrack von Mikis Theodorakis zu Film Z hängen, bzw. ausliegen hat, bei dem ist ein Wohlfühlfaktor garantiert. „Mein Haus ist immer offen Sie“ sprach Abbas Maroufi zum Abschied eine nicht abzulehnende Einladung für den nächsten Berlin-Besuch aus.

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Uns zog es indes nach Berlin-Mitte, wo uns im Berenberg Verlag die Lektorin Beatrice Faßbender (Bild rechts) und die Autorin und Journalistin Bettina Baltschev (Bild links) begrüßten. Bettina Baltschev hat schon als jugendliche Austauschschülerin in Amsterdam gelebt, es entwickelte sich eine innige Beziehung zu dieser Stadt und ihrer Geschichte. Zu der gehört auch der Verlag Querido, der nach 1933 Heimat deutschsprachiger Exilliteratur wurde und u.a. die Werke von Irmgard Keun, Anna Seghers, Joseph Roth, Lion Feuchtwanger, Klaus Mann und Stefan Zweig herausbrachte. In Ihrem im September im Berenberg Verlag erscheinenden Buch Hölle und Paradies – Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur zeigt Baltschev das heutige Amsterdam und schlägt die Brücke in die literarische und verlegerische Vergangenheit der niederländischen Hauptstadt. Und egal, ob man jenes Buch als literarischen Reiseführer, Reportage oder gar Doku-Drama (es herrschte eine gewisse Uneinigkeit in der Definition) klassifiziert, es klang alles hochspannend und infizierend.

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Nach einem spontanen Abstecher zur ocelot-Buchhandlung bildete der Besuch im Verlagshaus Berlin am Prenzlauer Berg den Abschluss dieser überaus interessanten Spreepartie, in der ich absolutes Berliner Neuland betrat, sind mir zwar die Verlage, jedoch nicht die einzelnen Lokalitäten bekannt. Dies gilt denn auch für das Verlagshaus Berlin, den Independent-Verlag für Lyrik und Illustration. Getreu nach ihrem Motto „Keine Lyrik ist auch keine Lösung“ werfen die drei Macher des Verlagshauses, von denen Andrea Schmidt und Dominik Ziller anwesend waren, die Chinabox ins poetische Rennen des nahenden Buchherbstes. Die für Oktober geplante Anthologie versammelt gut hundert Gedichte zeitgenössischer, in China lebender LyrikerInnen. Lea Schneider, die Herausgeberin der Chinabox, ist Übersetzerin, Sinologin und Dichterin, hat in Shanghai und Peking gelebt und faszinierte mit ihren ernsten wie auch witzigen Anekdoten aus dem lyrischen Reich der Mitte, das so ganz anders ist, als man es sich vielleicht vorstellt. Der zweisprachige, illustrierte Band wird den Beweis antreten. In diesem Sinne: „poetisiert euch“.

Spreepartie Blogger Berlin 2016

Weitere Berichte zur Spreepartie sind bei masuko13 und lustauflesen.de erschienen.

Kommentare

  • <cite class="fn">Tanja</cite>

    Hallo Gerald,
    deine letzten Spaziergänge durch Berlin, in die Musik, in die Verlage und in die Künste der Literatur, habe ich mit Freude verfolgt. So viele Eindrücke und besondere Momente! Das ist einfach nur „WOW“!

    Liebe Grüße,
    Tanja

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