Simone Buchholz: Blaue Nacht – Kriminalroman

Ein kultiger Krimi, nicht nur für Hamburger

von Gérard Otremba

Da hat Simone Buchholz eine wahrlich krasse Protagonistin erfunden. Blaue Nacht ist der bereits sechste, und erste im Suhrkamp Verlag veröffentlichte Band mit der unorthodoxen Chastity „Chas“ Riley als Hauptfigur. Chas Riley ist eine in Hamburg arbeitende Staatsanwältin, die zu einer Opferschutzbeauftragten degradiert wurde, nachdem sie das ein oder andere Gesetz übertrat  und mittels unerlaubten Waffengebrauch viel Unheil anrichtete. Das von ihr in Blaue Nacht betreute Gewaltopfer ist ein windelweich geprügelter Bär von einem Mann, der sich „Joe“ nennt und eher wortkarg und mundfaul im Krankenhausbett liegt und sich auf Rileys Fragen nur zögernd reagiert.

Peu à peu reimt sich Chas Riley, die mit dem Ex-Ganoven, Teilzeitlover und Besitzer der Bar „Blaue Nacht“ Henri „Klatsche“ Klassman in einer WG wohnt, Joes Geschichte zusammen, die bald in das Umfeld der albanischen Kiezgröße Gjerg Malaj weist. Während Rileys Verbindungsmann bei der Kriminalpolizei, Vito Calabretta, vor unbändigem Liebeskummer in Larmoyanz versinkt, macht sich dessen pensionierter Ex-Chef Georg Faller für einen scheinbaren Rachefeldzug gegen Malaj bereit. Auch Rileys Mitbewohner Klatsche wird von seiner Vergangenheit eingeholt und zieht den gemeinsamen, ebenfalls mit einem zwielichtigen Vorleben behafteten Kumpel Rocco Malutki in eine gefährliche Lage hinein. Gemeinsam mit dem Leipziger Drogenermittler Hannes Wiechorkowski, der vom böse zugerichteten Joe ins Spiel gebracht wird, und einigen Hamburger Kollegen gilt es, einen großen Drogen-Coup zu vereiteln.

Chas Riley ist eine legere, coole Staatsanwältin, die auch in ihren 40ern nicht erwachsen werden möchte. Das und ihr saloppes Mundwerk samt trockenen Humors machen sie zu einer sympathischen und authentischen Figur. Lasterhaft frönt sie der Raucherei und Trinkerei, ganz wie es sich für die Hamburger Stadtteile St. Pauli und St. Georg gehört, in denen der Plot des Romans Blaue Nacht zumeist angesiedelt ist. Simone Buchholz erzählt die Story aus der Ich-Perspektive Rileys, benutzt kurze und prägnante Sätze, die zwischen kauziger Sprödheit und poetischem Charme changieren und den Milieuton stets punktgenau treffen. Hat nicht nur für Hamburger das Zeug zum Kultkrimi.

Simone Buchholz: „Blaue Nacht“, Suhrkamp, Klappenbruschur, 978-3-518-46662-9, 14,99 €.

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