Saša Stanišic: Fallensteller- Erzählungen

Der große Humorist und Humanist Saša Stanišic  

von Gérard Otremba

Der aus Bosnien-Herzegowina stammende und in Hamburg lebende Autor Saša Stanišic hat in seinem, 2006 erschienenen Debütroman Wie der Soldat das Grammophon repariert eindrucksvoll seine Flucht aus den ehemaligen jugoslawischen Kriegsgebieten nach Deutschland beschrieben. Für sein allseits gelobtes Zweitwerk Vor dem Fest erhielt er 2014 den Preis der Leipziger Buchmesse und auch seine neue Veröffentlichung Fallensteller ist prädestiniert für diverse Literaturpreise. In seiner titelgebenden und längsten Erzählung von Fallensteller führt Saša Stanišic die Leser zurück nach Fürstenfelde, jenen nun berühmt-berüchtigten Ort in der brandenburgischen Uckermark, in den, nach der Veröffentlichung von Vor dem Fest, „Literatur-Touristen…auf den Spuren des Buches“ geradelt seien, um die Gegend zu erkunden, wie uns der Erzähler dieser Geschichte berichtet.

In Fürstenfelde ist ein Fremder aufgetaucht, ein poetisierender Fallensteller, der das Gefüge der dörflichen Gemeinschaft ins Ungleichgewicht versetzt und die Bewohner mit seinen magischen Tierfallen fasziniert. Geschickt verwebt Stanišic seine eigene Rolle als Schriftsteller und Chronist der Fürstenfelder Ereignisse in Vor dem Fest und brilliert mit einem Sprachwitz, der zwischen Woody Allen, Loriot, Sven Regener und Thees Uhlmann changiert. Saša Stanišic ist ein Zeilenakrobat, ein literarischer Zauberer, Illusionist und Schamane, in dessen „Fallen“ man nur zu gerne hineintappt und sich gefangen nehmen lässt von seinem pointierten Humor. Wie eine wortgewandte Posse liest sich die Jugenderinnerung „Im Ferienlager im Wald“ und manchmal bleibt dem Schriftsteller Stanišic nichts anderes übrig, als dem weltlichen Schrecken, wie zum Beispiel dem Syrien-Krieg, den Witz entgegenzustellen, der die drei zusammenhängenden Erzählungen „Die immens schönen tragischen blöden glückseligen deutschen Flüsse“, „Mo klaut ein surrealistisches Gemälde einer syrischen Surrealistin und will es seinem Vater verkaufen, bzw. egal wem“ und „Mo und ich für die Dauer der Reise“ bereichert.

Häufig steht das Reisen, das Unterwegssein, das Fremde und die Außenseiter im Mittelpunkt von Stanišics Geschichten, die von, skurrilen, absurden und grotesken Einfällen nur so sprühen. Und so begleiten wir einen gewissen Georg Horvath auf seinen Irrwegen in Brasilien, den Ich-Erzähler und seinen besten Freund Mo bei einer waghalsigen Stippvisite in Stockholm und beobachten den Rentner Ferdinand Klingenreiter bei der Aufführung seiner ersten Zaubershow. Die letzte Erzählung aus Fallensteller, „In diesem Gewässer versinkt alles“, lebt von seiner emotionalen Dichte und berührt den Leser zutiefst. Saša Stanišic ist nicht nur ein großer Humorist, sondern auch ein großer Humanist.

Saša Stanišic: „Fallensteller“, Luchterhand, Hardcover, 288 Seiten, 978-3-630-87471-5, 19,99 €.

Kommentare

  • <cite class="fn">Tanja</cite>

    Diese Irrffahrt muss man wohl erlebt haben. Oh oh, ich sollte mich hier schleunigst vom Acker machen.

  • <cite class="fn">Xeniana</cite>

    Eine wunderbare Rezension. Ich ringe noch etwas mit dem Buch. Die letzten beiden Geschichten sind im Ton ja “ Vor dem Fest und dem Grammofon ähnlich oder anders: er greifr den Ton dort wieder auf. Das löst dann in mir immer noch ähnliche Begeisterung aus wie beim Erstlesen dieser Romane. Mit den anderen Geschichten habe ich es schwerer. Sie erschlie0en sich nicht so einfach. Aber der sprachgebrauch ist grandios. Das macht wirklich Spaß Stanisic beim Jonglieren zuzusehen.

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