Wellness und Kristoffer & The Harbour Heads live in Hamburg

Der Surf-Sound von Wellness bringt die Sehnsucht nach Wärme ins Hamburger Molotow

Text und Fotos von Gérard Otremba

„Ihr seid das beste Publikum, das wir bisher auf der Tour hatten“, lobt Gitarrist Lars Germann das Hamburger Publikum kurz vor dem Ende des Gigs am 04.03.2016 in der SkyBar des Molotow. Kein Wunder, bildet der Auftritt der Kölner Band Wellness im Club auf der Reeperbahn den Auftakt zu ihrer zweiwöchigen Tournee. Was die Begeisterung der Molotow-Gäste in keinster Weise schmälern soll, die Euphorie während des Wellness-Konzertes ist zweifellos groß.

Wellness live Molotow 2016

Und wer schon eine Stunde früher den Weg ins Molotow gefunden hat, ist mit dem Auftritt der schwedischen Band Kristoffer & The Harbour Heads belohnt worden. Sänger, Schlagzeuger und Gitarrist Kristoffer Ragnstam und seine Hafenköpfe (Emil C. Rinstad am Keybord und Joel Lundberg an der Gitarre) bieten eine explosive Indie-Pop-Rock-Mischung, die mit schwedisch-himmlischen Melodien und Hooks aufwartet und den Hang zu Experimenten nicht scheut.

Kristoffer Molotow 2016

Sanfte, schmachtende Passagen sowie dreistimmige Harmoniegesänge und schmissige „Ohohoh“-Chöre wechseln sich mit dynamischen und pathetischen Phasen ab. Als ob die Flaming Lips mit den Talking Heads und Ben Folds Five paktierten. Saubere Sache. Für September ist ein neues Album geplant, auf dem sich der im Molotow gespielte Song „Right What Is Wrong“ befinden wird, ein heißer Indie-Disco-Feger, der Franz Ferdinand vor Neid erblassen lassen sollte und man kann nur hoffen, dass alle DJs dieser Welt diesen kommenden Hit auflegen werden.

Kristoffer Molotow 2016

Einige Stücke für den Indie-Floor hält auch das im Februar veröffentlichte Debütalbum Immer Immer von Wellness bereit. Ihr am Sixties-Surf-Sound orientierter Rock’n’Roll mit deutschen Texten und verhallten Gitarren erinnert natürlich an den Pulp Fiction-Soundtrack und weht die Sehnsucht nach höheren Temperaturen in den hohen Norden. Denn von Frühling ist noch immer weit und breit nichts zu merken in Hamburg, der Wellness-Sound indes impliziert sowohl das Gefühl von Wärme und Strand, als auch das Gefühl einer wehmütigen Sehnsucht.

Wellness live Molotow 2016

Verantwortlich hierfür ist die immer wieder in Schwermut verfallende Stimme von Frontmann Matthias Albert Sänger und das mit viel Hall ausgestattete Gitarrenspiel von Lars Germann. Mag der Beginn mit „Bazooka“ noch wild und ungezügelt ausfallen, stellt sich spätestens mit dem dritten Song, „Exit Exit“, eine sehnsuchtsvolle Melancholie ein, die allein aufgrund des Titels eines neuen, nicht auf Immer Immer enthaltenen Stückes („Süße Sommerzeit“) grenzenlos wird. Ein weiterer neuer Song („Alles auf Rot“) läutet einen bombastischen Endspurt ein. „Endlich Endlos“ bleibt trotz eines, mit Hilfe von Bassist Simon Armbruster und Schlagzeuger Florian Bonn gepushten, mächtigen Wall of Sound im Kern dramatisch und traurig, „Transmitter“ hingegen wird von der Leine gelassen und gebiert sich außer Rand und Band, von Matthias Sänger folgerichtig als „Testosteronbomben“ bezeichnet. Was man vom abschließenden, fast schon lakonischen „Was du denkst“ nicht behaupten kann. Trotzdem einer der schönsten Wellness-Songs. Mit dem dunklen „Müdes Licht“ und dem Garagen-Rock von „Amnestie“ entlassen uns Wellness in eine feucht-kalte Nacht hinaus. Die Sehnsucht nach Wärme ist geblieben, Wellness hören hilft dabei weiter.

Wellness live Molotow 2016

Wellness live Molotow 2016

Wellness live Molotow 2016

Wellness live Molotow 2016

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