Arbeitsgruppe Zukunft: Viel Schönes dabei – Album Review

Reizvolles und innovatives Musik-Kabarett

von Gérard Otremba

„Laut Langzeitstudien schwedischer Wissenschaftler führt regelmäßiger Konsum von AGZ-Produkten zu einer signifikanten Verbesserung des Wohlbefindens.“ An dieser Antwort auf die Frage, warum man sich das Album Viel Schönes dabei anhören sollte, ist viel Wahres dran. Zugegeben, die Aussage stammt von der Band selbst und ist somit vielleicht nicht unbedingt repräsentativ. Doch reicht schon das einmalige Hören der 15 Songs (plus eine Zugabe) von „Viel Schönes dabei“, um durch 73 Minuten Live-Musik sein Wohlbefinden zu verbessern. AGZ steht natürlich für die Arbeitsgruppe Zukunft (auch AG Zukunft genannt), die aus Marc-Uwe Kling (Superintendent of Soft Content, ansonsten Gesang und Gitarren), Michael Krebs (Manager of Musical Resources sowie Gesang und Tasteninstrumente), Julius Fischer (Head of Cuteness und Gesang und Gitarren), Boris the Beast (Controller of Pressure, Bass spielend) und Onkel (Director of Timing, Schlagzeug) besteht.

Als Kabarettisten und Autoren haben sich Kling (Die Känguru-Chroniken), Fischer (Die schönsten Wanderwege der Wanderhure, The Fuck Hornisschen Orchestra) und Krebs einen Namen gemacht, gemeinsam mit ihren Rhythmusmusikern gehen sie nun also die Zukunft an. Die beginnt laut Bandaussage noch nicht in diesem Jahr, „wird ein Viertel teurer als geplant“ und führt uns zunächst in die Vergangenheit, in das Frühjahr 2015, als die Aufnahmen zu dem Live-Album Viel Schönes dabei in Berlin, Frankfurt, Dresden, Düsseldorf und München entstanden. Musikalisch wildert das Quintett im Power-Pop (Viel Schönes dabei“), Rock‘n‘Roll („Party“) und Fun-Punk („Grundschullehrerin“, „Unternehmerfreunde“), bedient sich beim Rap („20 Dorsche“, „Wenn ich `n Rapper wär“), macht Ausflüge in den Jazz-Chanson („Gestern hatt‘ ich heute noch viel vor“) und huldigt dem hymnischen Pop („Freunde“, „Leude“).

So abwechslungsreich und launig bereits die Verpackung ist, die ironischen Texte von Fischer, Kling und Krebs potenzieren das Unterhaltungsniveau um ein Vielfaches. „20 Dorsche“ ist zum Beispiel mit die schönste Rap-Persiflage, die man sich nur vorstellen kann („Wenn ich deinen Body dann erforsche / Bin ich dabei wie mein Auto, nämlich Porsche / Also Lady, spitz die Öhrchen und horche / Ich mach dich feucht wie 20 Dorsche“). Natürlich ist vor Kabarettisten niemand sicher und Gesellschaftskritik an der Tagesordnung. Und so wettert die Arbeitsgruppe Zukunft vehement gegen Pegida („Leider gibt es Leute, die ham im Gehirn `nen Knoten / Der behindert sie beim Denken. Man nennt sie Patrioten / Sie sind stolz auf Deutschland und kein Land finden sie schöner / Sie fordern: `Deutsche“ Kauft deutsche Döner!‘ / Sie sagen. `Wir sind keine Nazis! Das dritte Reich war Tyrannei!‘ / Aber sie finden, es war auch viel Schönes dabei“), üben negative Kritik an dem medialen Zeitgeist („Wenn Ich `n Rapper wär“), ziehen die hippen und gestressten Kreativköpfe („Lied für die digitale Bohème“) durch den Kakao und schießen Breitseiten auf die Schnelllebigkeit im Internet („Zwei Seiten“).

Und da das Private auch häufig politisch ist, hat es die neue Freundin, die „Grundschullehrerin“, nicht einfach bei der AGZ, die „Unternehmerfreunde“ sind nur auf den ersten Blick eben solche und die Suche nach „Hobbys“ gestaltet sich manchmal sehr schwierig, trotz mannigfaltigem Angebot („Den Euro abschaffen, Ausländer verprügeln, Ponyhof, Tiere erschießen, Preise vergleichen, YouTube-Kommentare lesen“). Die Arbeitsgemeinschaft Zukunft bietet reizvolles Musik-Kabarett, durchdacht, innovativ und sprachgewandt. Was auch immer in der Zukunft mit der Arbeitsgruppe geschehen wird, es ist sicherlich viel Schönes dabei.

„Viel Schönes dabei“ von Arbeitsgruppe Zukunft ist am 09.10.2015 bei Voland & Quist erschienen. 

 

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